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Am 20. Februar 2013, kurz vor seinem 97. Geburtstag,  hat mein Großvater,

Johann Fruhmann Berger

für immer die Augen geschlossen.

Die Trauerfeier fand am 28. Februar um 13:30 Uhr  in der katholischen Kirche in Bempflingen (bei Reutlingen) statt.

Johann wurde am 25. März 1916 als siebtes Kind des Ehepaares Johann Fruhmann Berger  und Amalia geb. Kovács  in Wandorf geboren. Es folgten noch zwei jüngere Geschwister: Paula und Georg. Die sechs älteren Geschwister waren: Johann der I. der als Kleinkind verstarb, Anna, Josef, Maria, Johann der II. (ebenfalls als Kind verstorben) und Rudolf.

Seine Kindheit verbrachte der kleine Johann mit den überlebenden 6 Geschwistern in Wandorf, am Fuße des erhabenen Paulinerklosters. Das Kloster und die damals dort lebenden Nonnen haben seine Kindheit geprägt, er hat uns gerne und oft darüber erzählt. So haben wir von ihm erfahren, dass in der Klosterkirche eine "schwarze Madonna" steht (die wir erst viele Jahre später anschauen durften) und dass die Nonnen den Kindern damals oft das Leben gerettet haben, indem sie ihnen  -durch eine kleine Luke an der Eingangstür des Klosters- kostenlos Medikamente zur Verfügung stellten, für die die Eltern nicht hätten aufkommen können. Johanns Vater war Schuster und so schaute Johann oft dem Vater bei der Arbeit zu. Die kinderreiche Familie war arm, aber das waren alle Dorfbewohner, trotzdem waren die Fruhmanns bekannt für ihren Humor. 

Johann war ein lustiger Bursche und immer zu Späßen aufgelegt. Diese Charaktereigenschaft hat er sich bis zum Ende seines Lebens bewahrt. Als junger Mann musste er in den Krieg ziehen, wo er -zum Glück nur leicht- verletzt wieder zurückkam. Auch das Kriegsgefängnis blieb ihm nicht erspart. Im Jahr 1939 heiratete Johann seine ebenfalls aus Wandorf stammende evangelische Frau, Theresia geborene Tschürtz. Die beiden sollten 73 Jahre - bis zum Tod von Theresia im letzten September, veheiratet bleiben. Dem Paar wurden vier Kinder geboren, drei in Wandorf und ein viertes dann in Deutschland. Diese gemischte, katholisch/evangelische Heirat zeigt, wie offen die Familie Fruhmann Berger war. Die männlichen Kinder wurden katholisch erzogen, die weiblichen Kinder im evangelischen Glauben.

Das Leben in Wandorf war einfach, aber man war zufrieden und die deutsche Dorfgemeinschaft in dem ungarischen Dorf hielt zusammen. Im Jahr 1946 kam dann ein Schicksalsschlag auf alle Dorfbewohner zu, mit dem wohl niemand je gerechnet hätte: ein Großteil der Wandorfer Bevölkerung wurde gezwungen, Wandorf zu verlassen und in eine "Heimat" zu reisen, die nie jemand von ihnen je gekannt hat - nach Deutschland. Eingepfercht in Viewaggons, gemeinsam mit Verwandten, Nachbarn und Freunden aus Wandorf, wurden die Menschen gezwungen, ihre angestammte Heimat zu verlassen, alles Hab und Gut zurückzulassen, - in eine ungewisse Zukunft. Auch Johann und seine Frau Theresia mit den Kindern Eva, Herta und dem damals 1-jährigen Hans waren betroffen.

Den Wandorfern sagt man nach, dass sie zäh seien - und das hat sich bei Johann bewahrheitet. Die Familie landete in Esslingen und Johann fand dort Arbeit und Auskommen als Weber in einer Textilfabrik. Die Anfangszeit in Deutschland war schwer, es gab nicht genügend zu essen, die schwäbische Sprache (man sprach einen deutschen Dialekt in Wandorf) war der Familie fremd und auch die Gepflogenheiten kannte man nicht. Aber nach kurzer Zeit wurde man heimisch - auch wenn man nie vergaß, woher man kam. Wandorf war bis zum Schluß das, was Johann  "Heimat" nannte, auch wenn Deutschland längst zur zweiten Heimat geworden war. Von Esslingen zog die Familie - der Arbeit wegen - nach Bempflingen, wo Johann dann auch bis zur seinem Lebensende gelebt hat.

Im Jahr 1962 wurde er zum ersten Mal Großvater, im Jahr 1986 dann Urgroßvater. Insgesamt 7 Enkel und 6 Urenkel hat er noch erleben dürfen und wir alle müssen sehr dankbar sein, dass wir so lange Zeit mit unserem Vater, Großvater und Urgroßvater verbringen durften - dieses Geschenk dürfen nur wenige erleben.

Am 28. Februar 2013, zu der Zeit wo die Trauerfeier in Deutschland stattfindet,  werden in Wandorf/Ungarn, dem Geburtsort von Johann Fruhmann Berger, die katholischen Kirchenglocken im Kloster geläutet und die Menschen in seinem Geburtsort werden in Gedanken bei ihm sein.

Weil von den Enkeln, Urenkeln und wahrscheinlich auch von den Ur-ur-Enkeln immer wieder nachgefragt wird, wie wir zu dem Namen Fruhmann Berger kamen, sei es hier kurz erwähnt und für die Ewigkeit festgehalten: Der Vater von Johann Fruhmann Berger senior, also der Großvater des Verstorbenen, wurde im Jahr 1851 als Johann Georg Berger geboren. Sein Sohn, Johann Berger (geb. 1881) wurde als Kleinkind von einer Wandorfer Familie namens Fruhmann adoptiert. Das ungarische Namensrecht gab vor, dass Adoptivkinder ihren Geburtsnamen behalten, jedoch den neuen Adoptiv-Namen vorne anstellen - ohne Bindestrich! So ist es bis heute bei diesem seltenen Doppelnamen für alle Nachkommen geblieben.

Claudia Söder