Für einen Burgenländer, der dicht an der ungarischen Grenze beheimatet ist, ein Thema, zu dem er viel zu sagen hat. Sind doch vor kurzer Zeit die Grenzen gefallen, so manche Barrieren hinweggerafft worden. Heute erinnern nur die Grenzsteine daran, dass es hier eine Trennung gibt zwischen Ungarn und Österreich.

So war es für mich eine Selbstverständlichkeit, dass ich der Einladung von Michael Heinrichs und seiner Frau Eszter, beide evangelische Pfarrer in Agendorf, Folge leistete und mit nach Berlin flog. Hier fand nämlich die „Europäische Bibelwoche 2009“ statt, diesmal unter dem Motto: Mauern stürzen“! Veranstalter war die Akademie der Evangelischen Kirchen Deutschlands.

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Teilnehmer aus 12 Staaten Europas und Russland trafen sich im Hotel der Akademie für Kirche und Diakonie in Pankow (was für ein beziehungsreicher Ort!), um über Grenzen, egal in welcher Form auch immer, nachzudenken. Wenn möglich, sollten neue Wege des Miteinanders erschlossen werden, um Grenzen, auch jene in den Köpfen, abzubauen. Denn gerade diese unsichtbaren Grenzen, die unsere Herzen und Gedanken blockieren, sie erkalten und verhärten lassen, sollen überwunden werden.

Das Kennenlernen am ersten Nachmittag, die Gespräche, die im Anschluß daran geführt wurden, sie ließen schon in diesen ersten Stunden erahnen, dass sich hier eine gute und harmonische Gruppe gefunden hatte. Schon allein durch immer wieder improvisiert eingeschobene einzelne Programmpunkte kam das Gefühl auf: hier wird nichts in sich selbst erstarren, hier ist vieles offen und bereit, Gedanken anderer aufzunehmen und weiterzugeben.

Ein Vortrag und eine CD-Vorführung über die Ereignisse des 19. August 1989 an der österreichisch-ungarischen Grenze gehörte ebenso zum Programm wie eine Exkursion in das ehemalige Stasi-Untersuchungsgefängnis in Berlin-Hohenschönhausen. Betroffenheit und Entsetzen über die Grausamkeiten, zu denen Menschen fähig sind, machte sich in allen Gesichtern bemerkbar. Noch Stunden danach waren wir alle sehr aufgewühlt von diesem Erlebnis.

Der Rundgang an der ehemaligen Mauer bei der Bernauer Straße trug ebenfalls dazu bei, dass in unseren Köpfen ein Gedanke immer konkreter wurde: Nie wieder soll so etwas geschehen! Doch gleichzeitig hielten wir uns auch vor Augen, dass es diese Art von Gewalt und Terror ja noch immer gibt.

Richard haben wir es zu verdanken, dass es auch einen guten Dialog der christlichen und jüdischen Religion gab. Seine Sabbath-Andacht am Freitag abend nach jüdischem Ritus war für uns alle eine gute Erfahrung mit dem Judentum. Diskussionen am Abend mit Richard dauerten dann meistens fast „bis zum Eintreten der Schüler“. Die dabei waren, wissen, was mit dem Zitat gemeint ist.

Es sollte eine Woche voll Gedanken an Versöhnung und Vergebung werden, auch wenn viele, die hier in Berlin waren, ungute Erfahrungen mit Grenzen sammeln konnten. In den Gebeten und kleinen Andachten, die ja nicht fehlten, kam immer wieder der Wunsch nach Frieden, nach Toleranz und gegenseitiger Achtung zum Ausdruck. Es war eine Woche, von der man gerne erzählt, gute Gedanken weitergeben kann und durch die Menschen aus vielen Nationen Europas Freundschaft und Akzeptanz erleben durfte.

Ein herzliches Dankeschön den Organisatoren der Tagung, Tamara, Hajnalka, Irina und Michael, die es zuwege brachten, Menschen verschiedener Nationalitäten und Kulturen das Gefühl vermittelt zu haben, bei einem großen und tief gehenden Ereignis dabei gewesen zu sein.

Mauern stürzen, Grenzen fallen – die realen und jene in den Köpfen! Hoffen wir auf eine Welt, in der Mauern nur zum Schutz dienen, Grenzen nie mehr mit Gewalt gesichert werden.

Euer rasender Reporter