Die französische Revolution brachte mit ihren Parolen: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" auch in unserer Gegend etwas Verwirrung. Doch ehe diese Parolen Verbreitung finden konnten, trugen die französischen Revolutionsarmeen ihre Freiheitsideen mit Waffengewalt über ihre Landesgrenzen. Hatten die Franzosen die ungarischen Aufstände bisher nur mit Geld unterstützt, traten sie nunmehr unter dem Befehl Napoleons gegen Preußen und Österreich an. Über Oberitalien, wo sie die Österreicher besiegt hatten, rückten sie gegen Wien vor. Wie in der Vergangenheit erfüllten die Ödenburger und die Stadtdörfer auch diesmal ihre vaterländische Pflicht zur Abwehr des Feindes. Sie stellten freiwillige Rekruten und eine Anleihe von 15 000,- FI. zur Verfügung. Darüber hinaus stellten sie große Mengen an Proviant und andere Güter. Der Kaiser und König hat das Adelsaufgebot aufgerufen und Széchenyi hielt im Rathaussaal eine zündende Rede zur Landesverteidigung. Erzherzog Josef und seine Gemahlin hielten sich damals ebenfalls in Ödenburg auf. Man kann sich das rege Leben in der Stadt mit den ungarischen Adligen vorstellen. Es sollte drei Monate dauern, dann wurde zwischen Österreich und Frankreich am 9.2.1801 Frieden geschlossen. Durch die Einquartierungen und der zu leistenden Naturallieferungen kam große Teuerung auf. Dennoch wurde die Thronbesteigung Franz I. bejubelt.
In diese Zeit fiel auch die Entdeckung des Brennberger Kohlenvorkommens. Ein aus Deutschland eingewanderter Schmied, namens Rieder, verwendete als erster, die an der Erdoberfläche liegende Kohle. Die Sage schreibt die Entdeckung einem Hirten zu, der weit drinnen im Walde Feuer angemacht habe, worauf die Oberfläche zu brennen begann. Erschrocken darüber, eilte er in die Stadt und erzählte von seinem Erlebnis. "Der Berg brennt", rief er aus. So erhielt Brennberg seinen Namen.
Auch ein Uhrmachermeister namens Franz Xaver Zoller, wird unter den Entdeckern genannt. Ein Wenzel Schneider erhielt als erster die Erlaubnis zur Kohlegewinnung. Er suchte kapitalkräftige Interessenten, die er in Wien fand und mit denen er 1793 zur Kohleförderung eine Aktiengesellschaft gründete, bei der auch Kaiser Franz I. Aktionär war. Der Kaiser kam persönlich nach Brennberg und hat eigenhändig einige Stück Kohlen herausgebrochen. Da man sich auch mit dem Bau eines Kanals Wien - Wiener-Neustadt - Ödenburg bis zur Raab befaßt hat, wurde die Aktiengesellschaft wie folgt abgeändert: "K.u.k. privilegierte Steinkohlen- und Kanalbau-AG." Der Kanal wurde aber nie gebaut.
Der Franzosenkrieg nahm seinen Fortgang. Napoleon zog 1804 in Wien ein. Am 2.12.1805 siegte er in der "Dreikaiserschlacht" bei Austerlitz. Österreich und Ungarn kamen arg in Bedrängnis. Das geschlagene österreichische Heer stand unter den Erzherzögen Karl und Johann, zwischen der Raab und Ödenburg. Die Armee des Erzherzogs Karl hatte in Eilmärschen aus Italien 13000 Verwundete mitgebracht. Die Stadt war gepfropft voll mit Militär. Der Frieden von Pressburg brachte einige Jahre Ruhe. Dennoch hat das Friedensjahr größere Schäden gebracht, als die vorhergehenden, da einige Feuersbrünste das Elend vervollständigten.>/div>
In Ungarn nahm der Krieg den Charakter eines Volkskrieges an. Das Volk wurde von der Kriegsbegeisterung erfaßt. Das ungarische Adelsaufgebot brachte 20 000 Mann zusammen, die aber schlecht bewaffnet waren. In Ödenburg stellte man eine Bürgermiliz auf. Doch diese Spielereien nahmen bald ein Ende, als Napoleon von Wien aus eine Proklamation an die ungarische Nation richtete und seine Truppen weiter vormarschierten. In Ödenburg zogen 8000 Franzosen unter Lauriston ein, deren Wünsche die Stadt zu erfüllen hatte, ohne eine Bezahlung zu erhalten. Die Franzosen nahmen sich, was ihnen gefiel. Die Geschädigten wurden an die Stadtverwaltung verwiesen. Der Stadtrat tagte in Permanenz.
Diesen Franzosen folgte die Armee des Vizekönigs Eugen, der gegen die österreichische Armee des Erzherzogs Johann und gegen das ungarische Adelsaufgebot vorrückte. Zwei Wochen später wurden diese von den Franzosen besiegt. Ödenburg wurde nun das Hauptquartier der im Osten operierenden französischen Streitkräfte. Die Einquartierungen, die Beköstigung und der Aufbau eines großen Barackenlagers kosteten die Stadt sehr viel Geld. Alle Handwerker waren für die Franzosen "beschlagnahmt!". Trotz des Entgegenkommens der Stadt ließen es die Franzosen an Brutalität aller Art nicht fehlen. Sie brachen in die Keller ein, raubten, plünderten und schändeten. Nach dem Friedensschluß am 14.10.1809 verließen sie allmählich die Stadt. Nun begann das große Aufräumen. Was die Franzosen zurückließen war Not, Elend, Schmutz und Unrat auf allen Plätzen und Straßen. Kaiser Franz I. ließ der Stadt 20000,- fl. (Gulden) überreichen zur Verteilung an die Ärmsten.
Es gab aber auch erfreuliche Begegnungen mit den Franzosen. Nach einer überlieferten Geschichte bestellten französische Offiziere bei den Frauen (lt. Andreas Schindler in Harkau) ein gutes, schmackhaftes Gericht. Die Frauen gaben sich große Mühe, den in Speisen verwöhnten Franzosen eine Delikatesse zu servieren. Als die französischen Offiziere das fertige "Produkt" sahen, riefen sie erstaunt aus "Bell Essen", auf deutsch: Feines Essen. Dieses Gericht lebte im Volksmund unter der Bezeichnung "Böllesen" weiter. Erstaunlicherweise wurden die "Böllesen" in Erinnerung als Agendorfer Spezialität, die insbesondere zur Agendorfer Kirchweih in den Wohnfenstern zur "Schau" gestellt wurde.
Aus dieser Zeit stammen auch einige Gebrauchsgegenstände, die mit der französischen Bezeichnung beibehalten wurden. Als Beispiel sollen die "Lawur" = Waschschüssel und "Handbrasettl" erwähnt sein. Beide Begriffe sind den Wandorfern nicht unbekannt, wenn sie auch schon lange nicht mehr verwendet werden. Die Jüngeren werden beide Bezeichnungen nicht mehr kennen. Beide Begriffe kommen aus der damaligen Zeit, in der die Truppen Napoleons einige Monate lang der Bevölkerung die . "Gastfreundschaft" aufgezwungen haben. "Lawur" kommt vom französischen "lavoir" und heißt Waschhaus. Handbrasettl ist das "Überbleibsel" vom französischen "brassard" und heißt Armbinde. Sicher gab es noch andere, unangenehmere "Zurückbleibsl" der Franzosen, die aber besser verschwiegen werden (Krankheiten).
Um zu veranschaulichen, welche Teuerung der Krieg und die französische Besetzung ausgelöst haben, werden folgende Preise genannt: Der Metzen Weizen kostete 20-26 Gulden, das Korn 16-20 Gulden, das Pfund Rindfleisch 36 Groschen. Ein städtischer Angestellter (Leibwächter) erhielt eine Tageslöhnung von 15 Groschen! (Dr. Huber) Die Bevölkerung war daher froh, als die letzten Franzosen am 18. November 1809 abgezogen sind.
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)