Zu dieser Zeit war die Einwohnerschaft noch immer mehrheitlich deutsch. Diese Zahlen beweisen am besten, wie sehr die höheren Schulen ein Instrument der Magyarisierung waren. Die Chancen, mit deutscher Muttersprache eine entsprechende Karriere in der Verwaltung oder im Bildungswesen zu machen, waren gering. Auch die beiden Kirchen konnten und wollten sich dieser Tendenz nicht entziehen. Eine der schlimmsten Konsequenzen dieser Entwicklung war, dass die Söhne und Töchter der deutschen Ödenburger die höheren Schulen mieden und damit keine eigene Intelligenzschicht ausbilden konnten. Ein Teufelskreis, der in den 1930er-Jahren durchbrochen wurde, als viele Deutschödenburger ihre nationale Identität nicht mehr verleugnen wollten und sich dem deutschnational geprägten Volksbund der Deutschen in Ungarn zuwandten.

Zeitungen und Zeitschriften folgten der Nachfrage auf dem Markt, sie waren also überwiegend deutschsprachig. Es gab eine Fülle von Printmedien, die allerdings oft nicht über das Niveau von Anzeigen- und Mitteilungsblättern hinaus gingen und erst in der Zeit des „Anschlusskampfes“ auch vermehrt politische Inhalte brachten. Erste Zeitschrift war das „Theater-Journal“, das ab 1810 erschien. Die erste regelmäßig erscheinende Zeitung war das „Oedenburger Intelligenz- und Anzeigeblatt“, 1855 erstmals bei Reichard gedruckt (2 bis 3 Mal wöchentlich), später durch die „Harmonia“ (1861 Romwalter) und schließlich durch das „Ödenburger Lokalblatt“ („Organ für Wissenschaft und Kunst, geistige Anregung und Erholung, Lebens- und Geschäftsverkehr, Auskünfte und Anzeigen“) ersetzt. 1867 hieß die Zeitung „Ödenburger Bote“. 1868 wurde sie eingestellt und durch die „Ödenburger Nachrichten“ ersetzt. Das „Ödenburger Lokalblatt“ hatte in Ferdinand Botgorschek einen tüchtigen Redakteur mit guten Verbindungen nach Wien. Die wichtigste Zeitung nach dem Ausgleich war die „Ödenburger Zeitung“, die von 1868 bis 1944 erschien, also bis zum Untergang des alten Ödenburg. Ab 1900 erschien diese Zeitung täglich, ab 1895 war sie zweisprachig. Diese wichtigste Ödenburger Zeitung war weitgehend „unpolitisch“ und versuchte selbst im Anschlusskampf diese Linie beizubehalten. Sie wurde allerdings in dieser Zeit scharf angegriffen und häufig zensuriert, da man ihr vorwarf, nicht eindeutig genug für Ungarn zu sein. Chefredakteure waren Franz Schindler, Adolf Wieninger und, besonders lang, Ernst Marbach (1874–1910). Von 1910 an war Ignaz Anton Schiller Redakteur, der das Leben in Ödenburg in lustigen Erzählungen über Ödenburger Originale, zum Teil in der Mundart, schilderte.

Ab 1881 versuchten sich Romwalters Konkurrenten, Reichard und Litfaß, ebenfalls als Zeitungsherausgeber, hatten aber mit ihrem „Ödenburger Boten für Stadt und Land“ nur wenig Erfolg (1883 eingestellt). 1890 wurde die „Ödenburger Post“ gegründet und diese 1893 mit dem „Ödenburger Volksblatt“ des Katholischen Lesevereins vereinigt. Sie schlug gleich vom Anfang an scharfe antiliberale Töne an und versprach, „das protestantisch-freimaurerische Joch von ihrem Nacken abzuschütteln“. (44)Quelle/Hinweis:
zitiert nach Szabolcz Boronkai, a.a.O.S.40
1894 wurde der Titel auf „Westungarisches Volksblatt“ geändert, die Zeitung sollte zum Organ der Christlichsozialen Partei werden. 1918 wurde diese Zeitung eingestellt. 1919 bis 1922 erschien sie wieder als „Christliches Ödenburger Tagblatt“, offenbar mit der Aufgabe, den publizistischen Kampf gegen den Anschluss Westungarns an Österreich zu führen.

Eigenartige Wandlungen machte auch die „Ödenburger Rundschau“ durch. 1895 gegründet, stand sie der „Radikalen Partei“ nahe. Der Vorsitzende dieser Partei in Ödenburg, Geza Zsombor, war ihr Herausgeber. Zsombor war später vorübergehend Gouverneur „Deutsch-Westungarns“. Ab 1900 hieß die Zeitung „Radikal“, in der Rätezeit „Der Proletarier“ und mutierte schließlich zur „Grenzpost“. Weitere Zeitungen waren der „Ödenburger Volksfreund“ (1898/99), die „Neue Zeitung“ (1898 bis 1904), die „Erste Ungarische Bauernzeitung“ (1892 bis 1895), der „Landwirtschaftliche Anzeiger“ (1880 bis 1888), der „Ödenburger Hans-Jörgel“ (1899), später „s'Lustige Alt-Oedenburg“. (45)Quelle/Hinweis:
Literatur zum Zeitungswesen: Bertalan, Judit: A Soproni németnyelvü sajtó történetéböl. (Aus der Geschichte der Ödenburger Deutschen Presse). SSz. (Ödenburger Rundschau) 1996, S.39-50
Über Botgorschek: Folger, Eva Maria: Ferdinand Botgorschek . Redakteur des Ödenburger Lokalblattes. In: Bgld. Forschungen, Sonderband VII, 1984, S.54-57

Es gab in Ödenburg zwei Druckereien, deren Besitzer jedoch mehrmals wechselten. Die Druckerei Sieß entstand im ausgehenden 18. Jahrhundert, ging 1821 an Kulcsár und schließlich 1850 an Romwalter über. Sie bestand bis 1918. Die zweite Druckerei wurde 1854 von den Familien Reichard und Litfaß gegründet und blieb bis 1896 in deren Besitz. Dann wurde sie von Röttig übernommen. Die beiden Druckereien wurden schließlich unter dem Namen Röttig-Romwalter vereinigt. Die Wiener Buchhändlerfamilie Kilian betrieb schon 1802 eine Filiale in Ödenburg, eine zweite Buchhandlung wurde 1815 von der bekannten ungarischen Buchhändlerdynastie Wiegand gegründet.

In Ödenburg gab es ein für ungarische Verhältnisse äußerst reges Vereinsleben. Für alles und jedes wurde ein Verein gegründet, allerdings nur im Bereich der Wirtschaft und der Kultur, denn ab 1875 durften die „Nationalitäten“, also die nichtmagyarischen Völker Ungarns, nur mehr literarische und kulturelle Vereine gründen – in einer Stadt, in der das Leben im 19. Jahrhundert noch weitgehend von der deutschen Einwohnerschaft geprägt war, ein großes Hindernis für die Entfaltung ihrer ungarndeutschen Identität. Den deutschen Kulturvereinen wurden entsprechende magyarische Konkurrenzgründungen entgegen gestellt. Diese konnten mit massiver staatlicher Förderung rechnen. Dem traditionsreichen Gesangsverein „Liederkranz“ wurde der „Magyar Férfidalkör“ (Ungarischer Männergesangsverein) gegenübergestellt. 1877 wurde schließlich jener Verein gegründet, der die Magyarisierung am eifrigsten vorantrieb: der „Soproni Irodalmi és Müvészeti Kör“ (Soproner Literatur- und Kunstverein). Sein Gründer war der Deutschkreutzer Adolf Frankenburg, nach dem der Verein ab 1911 auch benannt wurde. Über Frankenburg wird noch zu berichten sein, ebenso über den Verein, der sich rund um die Volksabstimmung im Kampf gegen alles Deutsche besonders exponierte.

Die „Liedertafel“ entstand 1843, 1844 die „Musikalische Gesellschaft“. 1840 wurde ein Konzert unter Mitwirkung von Franz Liszt veranstaltet, anlässlich der Gründung einer Musikschule. 1854 entstand der „Kirchenmusikverein“, 1859 der schon erwähnte Männergesangsverein „Liederkranz“, 1877 der „Ödenburger Privat Musikverein“, 1886 die „Gesellschaft der Musikfreunde“.

Autor: Michael Floiger