abb 1921_stadtplan_800x590Die demographische Entwicklung, das Bevölkerungswachstum durch Zuzug, die wirtschaftliche Umstrukturierung, vor allem aber die Entfaltung des bürgerlichen Geistes im "liberalen Zeitalter", der die neuen kommunalen Aufgaben auch in Ödenburg schon sehr früh und sehr beherzt zu lösen versuchte, veränderten natürlich auch stark Bild und bauliche Struktur der Stadt. Stadtmauern und Stadtgraben wurden immer mehr zum Hindernis für die räumliche Entwicklung.

 Schon ab 1750 wurde am Stadtgraben, den man zuschüttete, eine neue Häuserzeile errichtet. Damit erhielt die der Innenstadt zugewandte imposante, barockisierte Häuserfront der Vorstädte ein Gegenüber. Dazwischen lag die Ringstraße, die „Grabenrunde“, die im 19. Jahrhundert immer mehr zum wirtschaftlichen Zentrum wurde. Die Innenstadt mit ihren Palais und alten Bürgerhäusern war für die Repräsentationsbauten, die nun entstanden, zu beengt, verlor an Bedeutung und blieb so Gott sei Dank weitgehend erhalten. Die äußere Stadtmauer wurde – bis auf wenige Überreste – abgerissen.

 
Der Wandorfer Bach, der früher zur Füllung des Stadtgrabens gedient hatte, wurde nun zum Abwasserkanal. Die Stadtmauer selbst blieb weitgehend erhalten, ebenso das Wiener Tor - ein unschätzbarer Vorteil, der bis heute das Ambiente der Innenstadt entscheidend prägt. Das Hintere Tor wurde abgerissen. Der Teich vor der Stadtmauer, die „Roßschwemme“, wurde schon 1828 zugeschüttet, an seiner Stelle ein Park angelegt (Heute Széchenyi - Platz). Das klassizistische Széchenyi-Palais, das heute zusammen mit der Post den Platz dominiert, entstand aus dem vormaligen Erdödy-Palais und zwei dazu gekauften Bürgerhäusern. 1826 wurde Wenzel Hild mit der Errichtung einer einheitlichen Front beauftragt, die Planung aber erst 1851 von Heinrich Koch fertig gestellt. Der mächtige und überproportionierte, dreistöckige Sezessionsbau der Post wurde von Ambrus Orth und Emil Sómlo errichtet. An der Stelle der Stadtbefestigung und des alten Kornmarktes entstand der Theaterplatz, der heutige Petöfi-Platz mit dem Stadttheater. 1840/41 wurde mit dem Theaterbau begonnen und damit das alte Theater in der Trockenmühle ersetzt. Auch das Theater ist ein Sezessionsbau, der gegen Jahrhundertende schon im Zeichen des magyarischen Nationalismus umgebaut und mit „volkstümlichen“ Elementen versehen wurde. Der große Kornmarkt hatte bereits seine Funktion verloren und konnte verbaut werden. Parallel zum heutigen Kornmarkt wurde die Theatergasse angelegt, mit klassizistischen Wohnbauten oder Fassaden. 1855 trug man einen Teil der Stadtmauer ab, um die Kirchengasse bis zum Széchenyi-Platz zu verlängern, 1872 wurde die „italienische Bastei“ abgetragen. Im südwestlichen Teil der Altstadt musste die Mauer ebenfalls neuen Gebäuden weichen. Dort, wo früher der „Grüne Turm“ stand, wurde 1857 das staatliche Oberrealgymnasium (Széchenyi-Gymnasium) errichtet. 1873 folgte das Casino, das Kultur- und Veranstaltungszentrum der Stadt. Das Kasino hatte einen Vorgängerbau (Petöfi-Platz 3), in dem 1820 Franz Liszt mit 9 Jahren sein erstes öffentliches Konzert gegeben hatte. 1853 bis 1891 war dieses Gebäude eine Kaserne, anschließend eine Schule. An der Stelle der Tuchknappenbastei am Ende der Kirchengasse wurde das jüdische Bethaus errichtet. Hinter der evangelischen Kirche, die 1862 ihren prächtigen Turm erhielt, wurde die Stadtmauer zum früheren Kornmarkt hin ebenfalls abgerissen und die Theatergasse angelegt. Am Hauptplatz wurde 1828 bis 1834 das klassizistische Komitatshaus errichtet (Baumeister Wenzel Hild) und schließlich wurde auch das alte, seit dem ausgehenden Mittelalter bestehende Rathaus, das den Ansprüchen nicht mehr gerecht wurde, abgerissen und der Neubau errichtet, der seinerzeit heftig umstritten war. 1889 wurde der Abriss beschlossen, 1892 begann man mit dem Abriss und 1896 wurde der Neubau fertig. Vom alten Rathaus blieb nur die schöne Holztüre erhalten, die heute den Eingang zum Stadtarchiv bildet.
1875 begann der Ausbau der Königsstraße (König Matthias-Gasse) in Richtung Bahnhof. Die Verbindung zum Széchenyi-Platz stellte das Durchhaus der Familie Tschurl her, das erst um die Jahrhundertwende abgerissen wurde.

 

Während die wichtigsten Kulturbauten also nahe an der Altstadt und um den Széchenyi-Platz und am neu angelegten Deák-Platz entstanden, wurden die Repräsentativbauten der Wirtschaft an der Grabenrunde errichtet – acht Bankgebäude und an der Stelle eines alten und berühmten Wirtshauses das erste Hotel der Stadt. Die Straßen wurden gepflastert und ein Reinigungsdienst eingerichtet. Im heißen Sommer sorgten von Pferden gezogene Sprühwagen für Abkühlung.

 

Vor allem der Verlauf der Eisenbahn war entscheidend, dass die meisten Industriebetriebe ebenfalls im Westen, zum Teil auf Wandorfer Ortsgebiet, entstanden. Für das Stadtbild ebenfalls prägend waren die Kasernen. Offiziere und Unteroffiziere wurden zum Teil in der Stadt ansässig, was entscheidend zur Magyarisierung beitrug. Insgesamt waren in den Kasernen bis zu 2300 Personen stationiert.