Neben den Jesuiten und Franziskanern wurden auch die Dominikaner in der Stadt aktiv. Sie ließen sich am Höhepunkt der Gegenreformation 1674 in der Stadt nieder und erwarben 1700 zwei Häuser in der Langen Gasse, wo das Kloster und in den Jahren 1719 bis 1725 vom Baumeister Lorenz Eisenkölbl die Dominikanerkirche erbaut wurde. Die beiden großen Türme kamen erst 1775 hinzu. Sie wurde zur Pfarrkirche für die südliche Vorstadt. 1767 lebten im Kloster sieben Patres und sechs Fratres, 1781 wurde das Ordenshaus zum Konvent erhoben. Ihrer seelsorgerischen Tätigkeit hatten es die Ödenburger Dominikaner zu verdanken, dass ihr Kloster im Zuge der josephinischen Kirchenreform nicht aufgelöst wurde.
Besonders wichtig für die bauliche Gestaltung der Innenstadt, aber auch für das Geistesleben und besonders für die Mädchenbildung wurden die Ursulinerinnen, nach denen der Salzmarkt in Ursulinerinnenplatz umbenannt wurde. Maria Nigl, eine verwitwete reiche Wienerin, ermöglichte durch eine Stiftung den Ankauf eines Hauses am Salzmarkt. Hier ließen sich drei Nonnen aus dem Preßburger Konvent nieder. Durch Ankauf der benachbarten Häuser und durch aufwändige Umbauten entstand dann im 19. Jahrhundert der neogotische Gebäudekomplex aus Kirche, Kloster und Schulen. Die Mädchen wurden von den Ursulinerinnen auch in Hauswirtschaft und Handarbeit unterrichtet.
Das evangelische Gymnasium, das Lyzeum, war im 18. Jahrhundert noch ein deutsches Gymnasium. Unterrichtet wurde in lateinischer Sprache. Die Deutschen sollten aber auch Ungarisch, die Ungarn Deutsch lernen. Die Bedeutung dieser Schule kann kaum überschätzt werden. Dem Lyzeum wird hier auf dem ersten Blick viel Raum gewidmet. Dies scheint gerechtfertigt wenn man die vielen bedeutenden Gelehrten sieht, die hier wirkten. Sie haben zur historischen, geographischen, naturwissenschaftlichen Erforschung der Stadt, ihrer Umgebung und ganz Ungarns enorm beigetragen. Die Geschichte des Lyzeums ist zugleich ein bedeutendes Kapitel der Wissenschaftsgeschichte unseres Raumes, das leider im Burgenland wenig Beachtung findet.
In der ersten Jahrhunderthälfte wurde das Lyzeum stark durch die überragenden Persönlichkeiten der Rektoren Johann Deccard (1712–1740) und seines Schwiegersohnes Daniel Hajnóczy (1740–1747) geprägt. Deccard war gebürtiger Ödenburger und hatte, wie viele Ödenburger Bürgersöhne, in Wittenberg studiert. Er galt als umfassend gebildeter Humanist und wurde von der Jenaer Lateingesellschaft zum Mitglied gewählt. Einen Namen machte er sich durch seine Flora Semproniensis, auf die ich später noch eingehe. Deccard war allerdings mit der Situation seiner Schule und mit der gesellschaftlichen Position, die er und seine Lehrer einnahmen, nicht zufrieden. In seinem Dankesschreiben an die Jenaer Lateingesellschaft kritisierte er heftig das geringe Verständnis, das der Konvent als Aufsichtsorgan der Schule entgegen brachte. Der Konvent reagierte empört und schickte Deccard in Pension. Hinter diesem Konflikt dürften bereits grundsätzliche Auffassungsunterschiede über das Ziel der Ausbildung gestanden haben. Dazu kam, dass die Situation der evangelischen Schulen ohnedies prekär war. Unter dem Vorwurf, rationalistische und „religionsfeindliche“ Ideen zu verbreiten, wurden damals viele evangelische Schulen geschlossen.
Unter Deccards Nachfolger Hajnóczy brach dieser Konflikt auch in Ödenburg aus und führten zu einer für das Lyzeum sehr gefährlichen Situation, zur „Orlich-Affäre“. Ein Schüler namens Orlich erhob gegen den Pfarrer Samuel Serpilius den Vorwurf, „ungerecht“ zu sein. Im Zuge dieser Affäre starb Hajnóczy an einem Herzinfarkt. Orlich wurde Katholik und im Jesuitengymnasium aufgenommen. Er erhob heftige Beschuldigungen und erstattete beim Raaber Bischof Anzeige. Der Hauptvorwurf war, dass am Lyzeum die rationalistische Philosophie Wolffs und Leibnitz’ gelehrt würde. Die Affäre blieb allerdings für das Lyzeum ohne Folgen.
Schon die Orlich Affäre lässt erahnen, dass es am Lyzeum Richtungsstreitigkeiten zwischen lutherischer Orthodoxie, pietistischen Strömungen und einer jüngeren Generation von Lehrern gab, die vom Rationalismus geprägt waren. Diese Konflikte waren auch ein Grund, warum der nächste Rektor, der gebürtige Slowake Johann Ribini (1747–1758), so wie Hajnóczy ebenfalls ein bedeutender Gelehrter und nach seinem Studium zeitweise Mitarbeiter von Matthias Bel und Erzieher, schließlich die Schule verließ und als Pfarrer nach Leutschau und später nach Preßburg ging.
Im Jahre 1766 besuchten 211 Schüler das Ödenburger Gymnasium. 1785 wurde die Schule im Auftrag des Konvents, in den inzwischen ja auch eine neue, zum Teil an den deutschen Hochschulen schon im Leibnitzschen Geist ausgebildete Generation von Honoratioren eingezogen war, völlig umorganisiert. Aus dem „Gymnasium“ wurde eine Schule mit Hochschulrang. Der Schuleintritt erfolgte mit zehn Jahren. Die „Unterstufe“ vermittelte in vier Jahren die übliche humanistisch-gymnasiale Ausbildung der Zeit, dann folgten drei Klassen mit jeweils zweijährigen Lehrgängen mit gründlicher Ausbildung in Theologie, Philosophie und Recht.
Unter den Lehrern dieser Zeit findet man Persönlichkeiten von hervorragendem Ruf und weit über die Grenzen Ungarns hinaus bekannte Gelehrte, etwa Martin Schwartner, der aber schon nach kurzer Zeit an die Universität in Pest berufen wurde, Jonathan Wietoris, der ebenfalls ein Opfer der schulinternen Auseinandersetzungen wurde und zurücktrat, Samuel Brederetzky, dessen berühmte vierbändige „Beyträge zur Topographie des Königreiches Ungarn“ allerdings schon ins 19. Jahrhundert gehört (erschienen 1803–1805). Diese Ödenburger Gelehrten hielten intensive Kontakte, waren etwa in das riesige Netzwerk, das Matthias Bel, Pfarrer in Preßburg und Autor des großen landeskundlichen Werkes über die Komitate Ungarns, eingebaut und lieferten entscheidende Beiträge. Die Kontakte reichten aber auch weit über die Grenzen Ungarns hinaus, so etwa zum Wolfenbüttler Arzt Franz Ernst Bruckmann, der 1734 ein Werk mit dem Titel „Memorabila Semproniensia“ drucken ließ.
Autor: Michael Floiger