Die lange Zeit des Niederganges setzte sich mit den Ereignissen des Jahres 1705, mit der Belagerung Ödenburgs durch die Kuruzzen Franz Rákóczis II. (->Wikipedia), fort. 1703 brach der Kuruzzenaufstand aus und erfasste bald weite Teile Ungarns. Die Stadt Ödenburg hatte, nachdem ein Kuruzzenheer in Deutschkreutz sein Lager aufgeschlagen hatte, unter zahlreichen Übergriffen auf die Bevölkerung zu leiden.
Die Kuruzzen überfielen die Dörfer, nahmen das Vieh und alle Lebensmittel weg und töteten jeden, der sich zu wehren wagte. Kroisbach war wieder besonders schlimm betroffen. Anfang 1704 forderte der Kuruzzenführer Sandor Károlyi die Stadt auf, Rákóczi zu huldigen. Zwei seiner Unterführer, begleitet von 500 Mann, forderten am Potschitor Einlass. Die Stadt war in einer unangenehmen Situation, da die äußere Stadtmauer einer Belagerung keineswegs standhalten konnte. Man setzte also zunächst auf Zeitgewinn. Bürgermeister Dobner und der Rat kamen überein, die Kuruzzen so lange hin zu halten, bis Verstärkung aus Wien eintraf. Es wurden zwei Abgesandte in das Deutschkreutzer Lager gesandt, um zu verhandeln. Dobner selbst begab sich nach Wien und versicherte dort, dass man – trotz der Verhandlungen mit den Kuruzzen – treu zum angestammten Herrscherhaus stehen würde. Von Bruck an der Leitha aus wurden 400 Soldaten nach Ödenburg entsandt, dessen Besatzung damit insgesamt etwa 550 Mann betrug. Die Kuruzzen antworteten erneut zunächst mit kleineren Überfällen.
Im Winter 1705 begann der Großangriff auf die königstreuen Städte Westungarns. Am 9. Dezember fiel Güns. Die Kuruzzen hausten fürchterlich in der Stadt. In Ödenburg unternahm man nun größte Anstrengungen, um die Stadt in Verteidigungsbereitschaft zu versetzen. Die Basteien wurden erneuert und aus Wien geschickte Geschütze aufgestellt. An den äußeren Stadttoren errichtete man neue Bollwerke. Am 23. Dezember bezogen die Kuruzzen auf dem St. Leonhardsberg ihre Stellungen. Am Heiligen Abend, gegen Mittag, begann die Beschießung mit vier Geschützen und zwei Mörsern. Die Vorstädte wurden schwer getroffen, die Schlipper-, Fischer-, Silber- und die Kleine Potschigasse brannten ab. In der Stadt begann man - unter tatkräftiger Mithilfe der Frauen - die Schilf- und die Schindeldächer abzudecken. Lange Gasse und Kornmarkt fielen ebenfalls dem Feuer zum Opfer. Insgesamt schlugen etwa 200 Granaten in der Stadt ein. Auch am Weihnachtstag wurde die Beschießung fortgesetzt. Gegen Mittag forderte der Kuruzzenführer Bottyán mittels eines Briefes, den ein Deutschkreutzer Bauer überbringen musste, die Stadt zur Übergabe auf. Er drohte, die Stadt dem Erdboden gleich zu machen. Der Stadtrat hielt eine Sitzung ab und beschloss, der Belagerung bis zum letzten Blutstropfen Stand zu halten. Die Kuruzzen hatten ihre Artillerie inzwischen verstärkt und beschossen am Neujahrstag die Stadt bereits mit acht Kanonen und fünf Mörsern. Das Bombardement dauerte bis zum Vorabend des Dreikönigstages. Dann kehrte plötzlich Ruhe ein. Am Dreikönigstag aber setzten die Kuruzzen zum Sturmangriff an. 100 Gulden sollte derjenige erhalten, der als erster die Mauern überstieg. Ein Angriff am Neustifter Tor, das nur schwach besetzt war, wäre beinahe gelungen. Die Gräben waren schon überwunden, die Sturmleitern angelegt. Im letzten Moment konnte der Angriff abgewehrt werden. Auch ein Angriff auf das Wiener Tor konnte zurückgeschlagen werden. Der Hauptangriff erfolgte auf das Potschitor. Er war so heftig, dass sogar der Stadtkommandant, Oberst Weitersheim, am Sinn weiteren Widerstandes zweifelte. Er ordnete bereits die Zerstörung der Geschütze und den Abzug an. Die Bürger aber stellten ihn zur Rede und machten ihm heftige Vorwürfe. So wurde auch dieser Angriff abgewehrt. Die Kuruzzen mussten schließlich erfolglos abziehen, beunruhigten aber die Umgebung der Stadt noch längere Zeit.
Autor: Michael Floiger