Diese Entwicklung verlief jedoch nicht immer friedlich. Nördlich der Donau wohnten die unruhigen Germanen, die Markomannen und die Quaden, die mit ihren ungestümen Kriegern immer wieder in das röm. Pannonien eingefallen sind. Bei Carnuntum (Petronell) erlitt der römische Feldherr Macrinius Vindex eine empfindliche Niederlage, die ihm selbst und 20000 seiner Soldaten das Leben kostete (Dr. Huber). Der römische Kaiser "Marc Aurel" bemühte sich selbst, die Markomannen zurückzudrängen. Nördlich des Plattensees schlug er sein Hauptquartier auf. Als ihm dies nicht mehr gelang, siedelte er die Eindringlinge in Pannonien an oder nahm sie in seine Gefolgschaft.
 
Als der Druck größer wurde und auch vom Osten her die Ostgoten in Pannonien vor den Hunnen Zuflucht suchten, zogen die Römer aus Pannonien ab. Mit ihnen gingen Schutz suchend die römischen Siedler in das Innere ihres Reiches. Zu dieser Zeit war Europa noch sehr dünn besiedelt und die Völker suchten noch ihre endgültigen Wohnstätten. So kam die große Völkerwanderung in Gang, bei der die Stärkeren die Schwächeren verdrängten. Der Zuzug kam hauptsächlich aus dem Osten, aus dem russischen Raum.
 
Die Ostgoten, durch die Kämpfe mit den Hunnen geschwächt, ließen sich am "Peisosee" (heutiger Neusiedler-See) und den ihm angrenzenden Gebiet nieder. Es war das Gebiet Westpannoniens. Sie siedelten neben den bereits ansässigen germanischen Volkselementen und den zurückgebliebenen Römern. Nachdem sie endgültig von den Hunnen besiegt waren, leisteten sie ihnen unter dem Hunnenkönig Attila Gefolgschaftsdienste. Die Oberhoheit über das Gebiet hatten immer noch die Römer, bis sie von dem Hunnensturm endgültig weggefegt wurden. Als die Hunnenherrschaft mit dem Tode Attilas (454 v. Chr.) völlig zusammenbrach, nahmen die Ostgoten Pannonien ganz in ihren Besitz.
 
Hier am Peiso-See wurde - so vermuten die Historiker - auch der große Gotenfürst, Theoderich, geboren. Er zog mit seinem Stamm 474 über Moesien nach Italien und überließ das Gebiet den germanischen Gepiden. Sie wurden wieder von den Langobarden abgelöst, die mit Hilfe der Awaren waren die Gepiden vollständig vernichteten. Nachdem auch die Langobarden nach Italien abgezogen waren (568 n. Chr.), wurden die Awaren Alleinherrscher Pannoniens und der ganzen ungarischen Tiefebene. Sie gründeten ein starkes Reich, das bis zur Enns in Niederösterreich reichte, bis der mächtige Frankenkaiser, Karl der Große und sein Sohn Pippin ihr Reich zerstörten (791-796). Der Rest der Awaren wurde im sog. "Hunaland" (Gebiet Eisenburg) angesiedelt, von wo sie spurlos verschwunden sind.
 
Wer waren die Awaren? Sie kamen aus dem Ostkaukasus, ein Stamm der Leshgier in Daghestan und waren mit den Hunnen verwandt. Sie haben einen türkischen Ursprung und wählten als Nomadenvolk die ungarische Tiefebene als ihr Kernland, in das unbemerkt slawische Volksstämme aus Rußland einsickerten. Sie dehnten sich in den von den Germanen frei gewordenen Räumen bis zu den Ostalpen und Südpannonien aus. Sie siedelten neben den Resten der zurückgebliebenen Germanen und anderen Volkselementen. Die Historiker stimmen darin überein, dass in der Völkerwanderung immer ein Rest des abwandernden Volksstammes zurückgeblieben ist. So muss angenommen werden, dass auch in Pannonien (Westungarn) Restsiedlungen der Germanen und Römer erhalten geblieben sind. Zahlenmäßig waren die Awaren nicht stark. Man schätzte sie auf etwa 200 000 Seelen. Um ihre Herrschaft zu sichern, hausten sie im Laufe eines Jahres abwechselnd in verschiedenen Teilen ihres Reiches. Als Zeltbewohner fiel ihnen dies nicht schwer, da sie keine festen Wohnplätze hatten. Bei den Slawen verbrachten sie stets den Winter. Denen waren sie an kriegerischer Tüchtigkeit und Offensivkraft überlegen. So mussten die Slawen viele Demütigungen hinnehmen.
 
Der fränkische Gewährsmann Fredegar berichtet: "Jedes Jahr kamen die Awaren zu den Slawen um zu überwintern. Dann nahmen sie die Weiber und Töchter und schliefen mit ihnen. Zu diesen Mißhandlungen mußten die Slawen auch noch Abgaben bezahlen. Die Söhne der Awaren, die sie mit den Weibern der Slawen zeugten, ertrugen diesen Druck nicht mehr, verweigerten den Gehorsam und begannen eine Empörung" (Schreiber-Land im Osten). Der Anführer dieser Empörung war Samo, ein Karantane (Alpslave), der in kurzer Zeit einen mächtigen Staat schuf (623-658). Er verband die Slawen im Norden mit den Südslawen. Sein Heer besiegte sogar den damaligen Frankenkönig Dagobert. In diese Zeit fallen auch die ersten slavischen Ansiedlungen in unserem engeren Raum. Einige Historiker sahen in Samo einen fränkischen Kaufmann, nach dessen Tod das slawische Reich sehr schnell zerfallen ist.
 
Wie wir bereite gelesen haben, wohnten nördlich der Donau, im heutigen Raum der Tschechoslowakei, die Markomannen. Sie zogen von dort in das bayerische Gebiet, wo sie sich in das Voralpengebiet ausgedehnt haben. Sie waren die Vorläufer des Stammes der Bayern, die in der weiteren Geschichte Pannoniens eine wesentliche Rolle spielen werden.
 
Die Slawen und die Bayern trafen sich also im Alpengebiet und auch in Pannonien. Es ist deshalb angebracht, an dieser Stelle über das Verhältnis dieser beiden Völker zu berichten. So führt Schreiber im Buch "Land im Osten" aus: "Das verhältnismäßig gute Einvernehmen zwischen den doch so grundverschiedenen Völkern hat klar erkennbare Ursachen. Der Bauernkampf zwischen Bayern und Slawen vollzog sich ohne Schwertadel, der auch nach dem Ende der Feindseligkeiten die Sporen nicht ablegen wollte." Zwischen Südslawen und den Deutschen galt offenbar schon damals der Grundsatz: "Wir haben uns geschlagen und wir haben uns geliebt, wie Brüder". Er fährt fort: "Brüder waren sie, weil sie beide arbeiteten und weil sie beide Bauern waren. Energisch und aufstrebend, bullig und zielbewußt die Bayern, genügsam, ausdauernd und dem Lande ergeben, die Slawen. Das Volkstum trennte, die Arbeit verband".
 
Nicht nur vom Osten her bewegten sich Volksstämme gegen die Grenzen des römischen Reiches. Auch vom Westen her drängten germanische Völker gegen das römische Imperium. Aus dem Elsaß kamen im Jahre 455 n. Chr. die Alemannen. Sie stießen bis zum Inn und den Ostalpen vor. Bei ihren Vorstößen nach Norden und Nordwesten trafen sie auf die Franken, deren Führer Chlodwig aus dem Hause der Merowinger sie im Jahre 497 n. Chr. unterwarf. Ein Teil der geschlagenen Alemannen wurde von Theoderich d. Großen in sein Gotenreich aufgenommen und südlich des Bodensees (Rätien) angesiedelt. Die siegreichen Franken begründeten später die ersten deutschen Siedlungen in Pannonien.
 
Nach Unterwerfung der Alemannen wandte sich der Frankenkönig Chlodwig gegen die Westgoten. In der Schlacht bei Poitiers besiegte er ihren König Alarich II., der in der Schlacht den Tod fand. Nach der Schlacht entschloß sich Chlodwig den röm. kath. Glauben anzunehmen. Diese Entscheidung bestimmte die weiteren Aktivitäten des Frankenreiches nach Osten und Südosten. Auf der Synode zu Orleans (511 n. Chr.) nahm sich Chlodwig das Recht heraus, die Ernennung und Bestätigung der Kirchenfürsten selbst vorzunehmen. Neben den kirchlichen, stellte er auch die weltlichen Institutionen in seinen Dienst. Mit dem Tode Theodorichs d. Großen (526) zerfiel auch das Gotemeich, das im Osten der schwerste Gegner der Franken war. Nach der inneren und äußeren Konsolidierung wird das Frankenreich unter Theudebert I. zur Großmacht. Im Osten standen ihm an der Elbe verschiedene slawische Stämme, im Südosten die Awaren gegenüber, die durch ihre Überfälle an der Enns das Frankenreich beunruhigten. Ein Zeitzeuge, namens Ennodius von Pavia berichtete, daß die Franken und die Sachsen schon 482 bis an die Grenze Pannoniens vorgestoßen sind und damit ihr Interesse an Pannonien anmeldeten. (Gebhardt - Handbuch der deutschen Geschichte).
 
Die mächtigste Basis hatten die Franken in Bayern. Der bayerische Volksstamm ist unter den fränkischen Merowingern aus verschiedenen Volksgruppen zusammengewachsen. In seiner Hauptmasse geht er auf die Markomannen zurück, die zwischen 531-540 aus der heutigen Tschechoslovakei nach Bayern übersiedelten. Zur Stammesbildung haben noch beigetragen: Donauschwaben, Alemannen, ostgermanische Volkssplitter und schließlich Reste der Römer (Salzburg, Lorch). Unter ihrem Herzog Garibald entwickelten sie bald ein starkes Eigenleben.
 
Das Zeitalter der großen Eroberungen unter den Merowingern war vorbei. Das rechtsrheinische Germania wurde in die kulturellen Zusammenhänge des Merowingerreiches einbezogen. Dadurch kam es in nähere Berührung mit der antiken Kultur und dem Christentum. Im 7. Jhdt. begann schon vom Süden her die Romanisierung der Franken im Westteil des Reiches. Und allmählich begann sich die französisch-deutsche Sprachgrenze herauszubilden. Im Norden des Landes entstand im selben Jahrhundert eine blühende Klosterkultur. Die Klöster sprangen als geistige und wirtschaftliche Zentren ein und nahmen den Städten die Verwaltungskompetenz.
 
Diese staatlichen Grundlagen verstärkten sich noch unter den karolingischen Herrschern, die an die Stelle der schon sehr degenerierten Merowingern traten. Pippin, der Sohn Karl Martells war es, der 751 Childerich III. die Herrscherkrone abnahm. Pippin starb 768.
 
Unter seinem Sohn, Karl dem Großen, (768-814) wuchs das fränkische Reich zur größten Macht Europas heran, eng verbunden mit der römischen Kirche. Mit dieser Machtfülle war Karl d. Große Schutz und Garant des christlichen Abendlandes.
 
Nach der Unterwerfung der Sachsen und deren Christianisierung, der Niederwerfung der Langobarden in Italien, konnte sich Karl d. Große um Bayern kümmern, dessen Adel an der Seite der Franken stand. So war es nicht schwierig, den Bayernherzog Tassilo III. auszuschalten. Und als dieser freundschaftliche Beziehungen zu den Langobarden und Awaren aufnahm und deshalb wegen Landesverrats zum Tode verurteilt wurde, erschien die Anordnung Karl d. Großen, ihn für die Dauer seines Lebens in ein Kloster einzuweisen, wie ein Gnadenakt. Damit endete das selbständige Herzogtum Bayern. Bayerischer Statthalter wurde Graf Gerold, der mütterlicherseits einer schwäbischen Herzogenfamilie entstammte. Mit ihm kamen viele fränkische und schwäbische Adelsfamilien nach Bayern. Mit ihrer Hilfe gelang es ihm, zahlreiche Überfälle der Awaren abzuwehren. Der nächste Schritt Karl d. Großen war die Grenzsicherung des Reiches im Osten und Südosten.
 
Mit drei Heeressäulen fiel er 791 in das Awarenreich ein und drang über den Neusiedler See bis zur Raab vor. Dann nahm er den Bakonyer Wald bis zum Plattensee. Sein Sohn Pippin vollendete die Zerstörung des Awarenreiches in den Jahren 795 und 796. Er umging den sog. Ring der Awaren (Hauptbefestigung) und erbeutete den Awarenschatz. Den Rest besorgten die Slawen, die mit den Awaren noch einige Rechnungen zu begleichen hatten. Der Frankenkaiser griff ein und rettete den Rest der Awaren, indem er sie im sog. "Hunaland" ansiedelte. (Komitat Eisenburg) wo sie ganz untergingen. Die Kriegsmittel Karl d. Großen, mit denen er seinen Erfolgen Dauerhaftigkeit gab, waren: Verwüstung des feindlichen Umfeldes, Deportationen und schließlich die Besiedlung des neu erworbenen Gebietes mit fränkischen Staatssiedlern. Dasselbe geschah auch in Pannonien, das ein Teil der fränkischen Ostmark wurde (Pannonische Mark).
 
Durch die Heidensiege (Sachsen, Awaren) stieg die Macht und das Ansehen des fränkischen Kaisers bei den christlichen Völkern Europas. der Papst krönte ihn im Jahre 800 zum Kaiser.
 
Bayern und Sachsen schmolzen mit Franken zu einem Reich zusammen. Die fränkische Kirche gründete in Bayern Bistümer und Kirchen, die mit Missionsaufgaben betraut wurden. Bayern besaß bereits eine christlich lateinische Bildungstradition, die sich aus verschiedenen Kulturströmungen genährt hat. So hatte Freysing Verbindung mit dem Sachsenbischof Bonifatius, mit Vigil von Salzburg und der Schule von Italien. Der erste bayerische Bischof, Arbeo von Freysing (764-783) übersetzte ein lateinisches Stilwörterbuch für das althochdeutsche Schrifttum und trat auch als Schriftsteller hervor. Die bayerische Kirche hat selbst Missionstätigkeit im Osten übernommen. So wurden die Alpenslawen vom Salzburger Bistum zum Christentum bekehrt. Dem Bistum Passau wurde Pannonien zur Bekehrung übertragen. Diese Kenntnis verdanken wir den Aufzeichnung von Klöstern, deren Quellenmaterial diese Auskunft über unseren Raum in jener fernen Zeit gibt.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)