63 Jahre danach - Am Samstag, dem 18. April 2009 fand in Agendorf, organisiert von der Deutschen Selbstverwaltung, die traditionelle Gedenkfeier anläßlich der Vertreibung der Deutschen aus Agendorf statt. Es tut gut, zu erleben, dass der Gedanke an diese Zeit und ihre Ereignisse nicht vergessen wird. Doch wie lange noch wird es Menschen geben, die diese Feier organisieren und durchführen?

Es soll nicht vergessen werden – doch was veranlaßt junge Menschen, sich mit den Ereignissen von damals zu beschäftigen? Es geht ihnen wirtschaftlich gut, sie haben – noch – Arbeit, die Grenze ist kein Hindernis, um in Österreich zu arbeiten und Geld zu verdienen. In Agendorf geht es ebenfalls vorwärts, immer schöner wird der Ort, immer mehr neue Häuser schießen aus dem Boden. Ja, die Zeiten haben sich gewaltig geändert – hier, in dieser so verlassenen Ecke Ungarns. Langsam, aber sicher löst sich Agendorf aus seiner Isolation, die Verbindungsstraße nach Schattendorf wird zusätzliche Möglichkeiten bieten, um Agendorf ein wenig ins Geschehen hinein zu rücken.
Da mutet es wirklich seltsam an, wenn in einer Gedenkstunde die alten, düsteren Zeiten von damals heraufbeschworen werden. Der Gedanke liegt nahe, zu sagen: Laßt diese Dinge ruhen, vergessen wir, was damals war und arbeiten wir gemeinsam – Ungarn und Deutsche – an einem schöneren, besseren Agendorf. Arbeiten wir gemeinsam, um aus der wirtschaftlichen Isolation herauszukommen. Was damals vor 63 Jahren geschah – damit haben wir heute nichts mehr zu tun, das waren eben Dinge, die in vielen Teilen Europas passierten. Vergessen wir es!
 
Ist das so leicht – ist das überhaupt richtig – einfach vergessen, ruhen lassen, nicht mehr daran erinnern? Wohl kaum! Denn wenn man den Menschen die Erinnerung nimmt, sie auffordert, zu vergessen – ja, dann nimmt man ihnen auch die Möglichkeiten, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Vergessen heißt, auch die Opfer, das Leid um die verlorene Heimat, der Schmerz um die Freunde, die in die Fremde geschickt wurden, zu vergessen.
Und so, wie heute schon viele Grabsteine auf den Friedhöfen verfallen sind, weil niemand mehr zum Pflegen hier ist, so werden auch in den Herzen der Menschen die Erinnerungen an die fernen Verwandten verfallen. Man wird sich fremd, hat keine Verbindung und Beziehung mehr zu jenen Menschen, die das Dorf einst aufgebaut haben, die ihre Hoffnungen, ihre Träume hier gelebt haben.
 
 
Da wird dann das Dorf auch denen fremd werden, die nach Jahren wieder zu Besuch kommen und feststellen müssen: Das ist nicht mehr das Dorf, wie wir es kennen. Und meinen damit nicht die Häuser, deren Fassaden erneuert wurden, sondern die Menschen, in deren Herzen das alte Agendorf – vergessen wurde.
 
Ja, diese Gedenkfeier soll erinnern, soll Menschen dazu bringen, alte Bräuche, Lieder, Tänze und die sprichwörtliche Gastfreundschaft aufrecht zu erhalten. Und den jungen Menschen von heute das Gefühl vermitteln, dass sie in ihrer Heimat leben können, ihre Heimat verschönern können, ihre Heimat lebenswert erhalten. Mit all der Kraft, die die Menschen aufgebracht haben, die damals zurückgeblieben sind, die sich gegen so vieles zur Wehr setzen mußten und die letztendlich das deutsche Brauchtum erhalten haben. Dafür soll in dieser Gedenkstunde ebenfalls gedacht und gedankt werden.
 
Pfarrer Michael Heinrichs hielt die Festansprache, der Gesangsverein „Morgenröte“ sang zu Herzen gehende Lieder und anschließend wurden die Kränze der Deutschen Selbstverwaltung, der Gemeinde Agendorf, der evangelischen Pfarrgemeinde und der Familie Pinezits, Hollosi und Hartner niedergelegt. In Agendorf hat man die Möglichkeit, an einem bestimmten Platz all der Vertriebenen zu gedenken – dank der Privatinitiative des Maurermeisters Franz Pinezits, der das Denkmal auf seine Kosten errichten ließ.
 
Hat es zu Beginn der Feier in Strömen geregnet, sie wurde kurzfristig in die Kirche verlegt, so schien anschließend bei einem kleinen Imbiß im Pfarrhaus wieder die Sonne.
 
Ein Symbol, wie es schöner nicht sein könnte ….
 
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Euer rasender Reporter

 

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