50 Jahre Kirchweihgottesdienst, Folklore, einmalige Stimmung


In den frühen Morgenstunden des Paulustages, als Robert Payer und seine Original Burgenlandkapelle in der vollbesetzten Pattberghalle zum Kehraus spielten, herrschte noch immer eine „Bombenstimmung“ in der Halle und auf der dicht gedrängten Tanzfläche.

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Keiner der Tanzlustigen dachte an das Nachhausegehen und die exzellent aufspielenden Musiker und ihr Gesangsduo Andrea Bühler und Albert Gottwald durften sich erst nach mehreren Zugaben verabschieden. Der 60. Kiritog begann, wie seit der Konsekration der „Heimatkirche“ St. Josef am 03. November 1957 üblich, mit dem feierlichen Kirchweihgottesdienst am Freitag, zelebriert von Pfarrer i.R. Bernhard A. Jung, der die erste kirchliche Feier 1958 hielt, assistiert von Diakon Leitheim. In seiner Predigt lobte der damalige Kaplan das Völker verbindende Engagement der Mosbacher Donauschwaben und ihr schönes informatives Heimatbuch, in dem man das Werden und Wirken der Landsmannschaft, durch viele Berichte und Bilder anschaulich dokumentiert, verfolgen kann. Bereits 1953, erinnert sich Pfarrer Jung, hatte er mit Dekan Josef Krämer die Not und das Leben der Lagerbewohner in den 23 Baracken im Katzenhorn kennen gelernt.

Durch Religionsunterricht und den sonntäglichen Gottesdienst im Kapellenraum der Baracke 14, in der an den Wochentagen der Kindergarten war, entstanden persönliche Kontakte, die bis heute bestehen. Das Heimatbuch zeigt, führte Pfarrer Jung aus, dass bei den Donauschwaben in Mosbach Menschen am Werk sind, die wissen, was Mensch sein bedeutet. Diese Eigenschaft beherrschen die Mosbacher Donauschwaben beispielhaft. Darum reichen sie ihre Hände in alle Welt. Aber nicht nur die kulturelle Seite, das Ahnenerbe wird beispielhaft gepflegt, sondern auch die kirchliche und religiöse, wie in der Chronologie zu lesen ist. Auch die Ökumene wird immer praktiziert.

Auf ihren Tourneen folgen sie dem Beispiel des Völkerapostels Paulus, der durch seine Reisen, Frieden, Freundschaft im Glauben an Christus unter den Menschen verbreitete. Das Kirchweihfest, schloss Pfarrer Jung, war ein Hochfest in der alten Heimat. Nicht nur der Weihe des Gotteshauses wurde gedacht, sondern oft auch das Patrozinium an diesem Tage gefeiert. Diese schöne Tradition pflegen die Donauschwaben Mosbach heute zum 51. Mal. „Ich wünsche Euch, dass ihr noch viele „Kiritogs“ miteinander erleben und feiern könnt“. Der Gottesdienst wurde mit deutschen Kirchenliedern umrahmt und mit den Einlagen „Bete an, bete zu Jesus und sterbe für ihn“ und „Näher mein Gott zu Dir“, die Dirigent Franz Gräff mit der Gesangsgruppe der Donauschwaben Mosbach einstudiert hatte. 
 
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Die weltliche Feier am Samstag begann mit dem Einzug der Trachtengruppen, bei denen besonders die Wuderscher, die Leanywarer und die Mágocser in ihren schönen eleganten und farbenfrohen Volkstrachten gefielen. Anton Kindtner konnte mit dem vollen „Haus“ als Ehrengäste Peter Hauk, Minister für Ernährung und ländlichen Raum, der die Festrede hielt, Landrat Dr. Achim Brötel, NOK, Oberbürgermeister Michael Jann von Mosbach, und den Bundesund Landesvorsitzenden der Donauschwaben Hans Supritz begrüßen. Ein herzliches Willkommen galt der Jugendtanzgruppe aus Mágocs/Ungarn, den Landsleuten in Wuderscher und Leiwarer Heimattracht, den Siebenbürger Sachsen, der Trachtengruppe aus Schwaigern und den eigenen Gruppen.
 
In seinem Rückblick auf 60 Jahre Kirchweih erinnerte der Vorsitzende Anton Kindtner an die erste Feier, die am 14. November 1948 in der Markthalle Mosbach abgehalten wurde mit der Einladung zur „Donaudeutschen Kirchweih- und Tanzunterhaltung“. Anton Becker, der fast 30 Jahre als Ortsvorsitzender die Mosbacher Landsmannschaft führte, hatte mit dem Kulturleiter Oberlehrer Valentin Beck vom Kreisverband dieses erste große Treffen der Heimatvertriebenen organisiert, bei 1,-- DM Eintritt. Die Gmeinder Kantine, die Gaststätte Cäcilienbad, die Sporthalle Neckarelz, die Gastwirtschaft Dell, drei Mal der Pirminsaal, 14 Mal die Markthalle, neun Mal die Jahnhalle und 30 Mal in der Pattberghalle waren die Veranstaltungslokale. Große Verdienste für die Gestaltung und Ausrichtung zu wahren Volksfesten hat sich Erich Schreiner erworben, führte Kindtner aus. Besondere Anziehungskraft und bis zu 1.200 Besucher kamen, wenn Robert Payer und seine Mannen aufspielten, wie auch heute, bei ihrer 18. Vorstellung sichtbar.

Für die Mosbacher Donauschwaben war sechs Jahrzehnte ihr Kirchweihfest mit Folklore, Musik, Tanz und bunter Unterhaltung, das fest eingeplante Jahresfest, an dem sie sich mit ihren Verwandten, Freunden, Bekannten und der Bevölkerung zum munteren Feiern trafen. Durch Repro-Ausstellungen vom zweiten Vorsitzenden Hans Kröninger erstellt, die in einem Querschnitt die Flucht, Vertreibung, Integration, Wiederaufbau und die weltweiten Kontakte, die Kirchweihfeste und die Gegenbesucher zeigten, konnten die Kirchweihfeste bereichert werden. Besonders aber durch die Jugendtanz- und Folkloregruppen aus Ungarn, Rumänien, Tschechien, der Ukraine, aus Polen, Kroatien und Österreich, die in ihren schönen Volks- und Landestracht, Glanzpunkte setzten.
 
Unser 60. Kirchweihfest zeigt, dass der schöne Brauch des schwäbischen Kiritogs in unserer Jugend weiter lebt. Mein Dank gilt allen Gruppen und Mitgliedern, die beim heutigen Fest vor und hinter der Bühne mitarbeiten. Für die künstlerische Gestaltung der Bühnenwand seit Jahren, danke ich herzlich unserem zweiten Vorsitzenden, Herrn Kröninger. Für den Blumenschmuck der Familie Herbert Höppler und den Familien Graf/Schwarz und Wolfgang Karch, der Sie zum 25. Mal beim „Karteneintritt“ begrüßte. Zur 61. Kirchweih am 17.10.2009 in der Alten Mälzerei dürfen wir Sie heute schon einladen.
Minister Peter Hauk lobte in seiner Festansprache das weltweit vorbildliche Engagement der Mosbacher Donauschwaben und stellte besonders ihre Bemühungen in Osteuropa heraus. Die Donau, ihr Schicksalsstrom, führte er aus, auf dem sie im 17. und 18. Jahrhundert ins Ungarnland, in eine ungewisse Heimat zogen und dort das Land kultivierten, das nach 150 Jahren Osmanen- Herrschaft wüst und brach lag, ist auch in unseren Tagen eine wichtige Verbindung zum wachsenden Europa. Einem Verbund der freien Vaterländer, in dem die BRD, Österreich, die Länder des ehemaligen Jugoslawien, Bulgarien und Rumänien eine wichtige Rolle spielen. Die Minister dieser Anrainerstaaten trafen sich in Straßburg zur Koordination ihrer Politik und ihrer ökonomischer und kultureller Fragen in Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, ein einmaliger Vorgang auf unserem Globus. Mit dem Dank für den Beitrag am Wiederaufbau nach 1945. Die friedliche Integration, schloss Minister Hauk: „Die Donauschwaben haben die Odenwälder- und Bauländer-Kultur bereichert und auch den Speiseplan unserer Küchen!“

OB Michael Jann überbrachte die Grüße der Stadt Mosbach, des Gemeinderates und die besten Wünsche von MdL Georg Nelius. Sein besonderer Gruß galt den Besuchern aus Ungarn, aus der Partnergemeinde Budapest/Pesthidegkut und der Jugendtanzgruppe aus Mágocs/Ungarn. Die Heimatvertriebenen hatten bereits 1950 die Vision von einem vereinten Europa, wie ihre Charta von Frieden, Freiheit und Gleichheit vom 5. August 1950 zeigt, führte Jann aus. Sie bauten schon damals auf eine Welt der Brüderlichkeit und gegenseitige Achtung auf Basis der Menschenrechte. Diese Grundwerte werden von den Donauschwaben seit 60 Jahren beachtet. Sie tragen und trugen durch ihre weltweiten Jugendkontakte und den Gegenbesuchen ein Mosaiksteinchen zur Versöhnung mit den Ländern Osteuropas bei, nach den guten Kontakten zum Westen auf unserem Globus. Sie pflegen vorbildlich das Kulturgut ihrer Ahnen, ohne die aktuelle Gegenwart zu vernachlässigen. Ihr Einsatz für Jung und Alt ist beispielhaft, schloss OB Jann.

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Dr. Achim Brötel, Landrat des NOK, betonte, dass die Donauschwaben Mosbach ein stets verlässlicher und ansprechbarer Aktivposten für den Neckar-Odenwald-Kreis seien. Er gratulierte dem Vorsitzenden Anton Kindtner und Herrn Kröninger zu dieser „Mannschaft“. 1946 kamen über 35.000 Flüchtlinge und Vertriebene in die Altkreise Buchen und Mosbach, über Seckach und Neckarzimmern. Diese Heimatlosen trugen maßgeblich zum Wiederaufbau unserer vom Krieg zerstörten Heimat bei. Ohne der Lebensleistung dieser Menschen, ihrem Fleiß, ihrem Mut undihrer friedlichen und schnellen Integration, wäre der Neuanfang nicht möglich gewesen, schloss Landrat Dr. Brötel.

Die Grüße der Deutschen aus Ungarn und des Heimatvereins Budaörs (Wudersch) überbrachte Mathias Schmitt, Vorsitzender des Heimatvereins Wudersch. Er lobte den guten Zusammenhalt und die vorbildliche Arbeitsweise der Donauschwaben Mosbach. Freute sich, dass Vorsitzender A. Kindtner bei den Wuderschern engagiert ist, als Nachfahre seiner Wuderscher Eltern. Mit dem „Bonmot“ „Die Ansprache soll kurz sein, die Bratwurst lang“, schloss Schmitt seine Gratulation. Der Bundes- und Landesvorsitzende der Donauschwaben Hans Supritz gratulierte im Namen seiner Verbände. 1948 war ich mit meiner Mutter in einem Vernichtungs- und Todeslager Titos. Viele entkamen durch Flucht 1944 diesem Schicksal, weil sie den Terror der Sieger voraus ahnten. Der Aufbau einer neuen Existenz im zerstörten Reich war schwer. Wir haben aber nach erfolgreicher Integration unsere Tradition, unser Brauchtum und unsere Überlieferung nicht
vergessen und durch unsere Jugend bis heute bewahrt. Dankbar müssen wir der Erlebnisgeneration sein, dass sie unsere Kultur für uns bewahrte. Dadurch kein Wunder, dass donauschwäbischer Geist noch weltweit zu finden ist. Ob hier in Europa, oder in Nord- und Südamerika, in Australien oder heute wieder in den Ländern der ehemaligen Donaumonarchie. Mit den besten Wünschen für die Donauschwaben Mosbach schloss H. Supritz. Er wünschte ihnen und den vielen Gästen einen schönen und mit alten Erinnerungen erfüllten geselligen und frohen Kirchweih-Abend mit viel Gedankenaustausch.
 
Den folkloristischen Teil eröffneten die Nachwuchskinder unter Leitung von Holger Vogel, Christina Gaiser und Adriana Todic, mit den Tänzen „Österreicher“ und „Die lustigen Kreise“. Die Kindertanzgruppen A und B tanzten gekonnt „Die Winzerpolka“, den „Lustigen Walzer“, den „Kontratanz“ und den „Waldeger“ in Wandorfer Tracht und gemeinsam einen neuen Tanz „Kirchweih“. Die Jugendtanzgruppe aus Mágocs, geleitet von Goják János, zeigte in bunter Volkstracht aus dem Raume Pécs (Fünfkirchen) temperamentvoll und schwungvoll zwei ungarndeutsche Volkstänze aus Südungarn. Die Mosbacher Jugendtanzgruppe erfreute mit „Der Schnellpolka“, dem „Schwung“ und dem „Göndöllö“ die Zuschauer. Dass die Jugendtanzgruppe der 80er Jahre ihre Vorträge noch nicht verlernt hatten, zeigten die schönen Tänze, die Robert Kraft einstudiert hatte. Der Tanzkreis Mosbach, die Frauen in schöner Karawukowaer Tracht, die Männer mit Hut und Schleifen, gab gekonnt „Die Donauschwäbische Trachtenpolka“, „Schwabenfest“ und „Borsicka“ zum Besten. Den Abschluss lieferte die Jazztanzgruppe in Afro-Look mit einem „Afro-Medley“, von den Kirchweihbesuchern begeistert beklatscht.
 
Bericht von Hans Kröninger- Donauschwaben Mosbach -