Wie uns aus dem Geschichtsunterricht sicher noch bekannt ist, besiegten die nach dem Westen vordringender Türken im Jahre 1526 bei Mohács das ungarische Heer. Der ungarische König Ludwig II. fiel in der Schlacht. Nun hatten die Ungarn nichts Eiligeres zu tun, als einen neuen König zu wählen. Bei dieser Gelegenheit zeigte sich ihre Uneinigkeit am deutlichsten. Die eine Partei, die nationale Partei - sie hatte die Niederlage bei Mohács im großen Maße mit- verschuldet! - wählte ihren Führer Johann Zapolyai, den Woiwoden von Siebenbürgen, zum König. Der westliche Teil des Landes, d. h. die Magnaten, Bischöfe und Adeligen, wählten Ferdinand von Habsburg, Herzog von Österreich, zum König. Juristisch waren sie auch im Recht, denn die Königin Witwe Maria war die Schwester Ferdinands und Kaiser Karls V.
Beim Ehevertrag der Maria mit Ludwig II. wurde beschlossen, wenn König Ludwig ohne Nachkommen bleibt, so würde Ferdinand, das Haus Habsburg, die Krone Ungarns erben. Auch hier wurde das Prinzip der Habsburger angewandt, nach ihrem Wahlspruch zu handeln: "Laß andere kriegen, du glückliches Habsburg heirate!" Wahrscheinlich hofften die Magnaten und Bischöfe aber auch, daß Ferdinand, als Besitzer der Habsburgischen Stammlande, und sein Bruder Karl V., der Kaiser des Hlg. Römischen Reiches, Deutscher Nation und König von Spanien, "in dessen Reich die Sonne nicht untergeht", ein großes Heer aufstellen würden, um die Tür- ken aus Ungarn wieder zu vertreiben. Ziel des mächtigen Sultans, Suleimann II. war es aber, ganz Europa zu erobern. Vorerst zog er gegen Wien, um es zu erobern. Der größte Teil seines 300.000 Mann starken Heeres führte er zwischen Donau und Neusiedler See über Bruck an der Leitha in Richtung Wien, das er vom 21. Sept. bis 14. akt. 1529 (vergeblich) belagerte. Ein kleiner Teil seines türkischen Heeres zog über Altenburg (Magyarovar) nach Ödenburg, sollte Wiener-Neustadt erobern. Aber auch Ödenburg hatte schon ab Ende 1526 seine Verteidigungsanstrengungen verstärkt. Die Stadtmauern wurden ausgebessert. Dazu war Geld nötig. Zusätzliche Wehrsteuern wurden 1527 erhoben, und von den 532 Bürgern der Stadt 71 Gulden, von 21 Pfarrern der Stadt 154 Gulden (diese mußten also sehr wohlhabend gewesen sein, über viele Einkünfte verfügt haben!) und von den 7 Stadtdörfern mußten zusammen 348 Gulden aufgebracht werden. Wenn man bedenkt, daß diese kaum einige Jahre vorher ihre Habe mit Viehbestand samt ihren Häusern durch die Landseer verloren hatten, so daß sie vom König sogar 10 Jahre Steuerfreiheit erhalten hatten, verstehen wir, wie schwer gerade die Untertanen in den Stadtdörfern, ganz besonders Harkau, von den Steuermaßnahmen betroffen waren. Zu den Verteidigungsvorbereitungen mußten die Stadtdörfer außer der großen Geldsumme noch folgendes "Kriegsmaterial" der Stadt zur Verfügung stellen. "Agendorf: III wagenross, I raisswagen, II wagenknecht, Wandorf: ein ross, I wagenknecht; Harkau: zway wagenross, I raisswagen, I wagenknecht; Colnhoff: I ross; Wolfs: I wagenross und I wagenknecht; Klingenbach: ein wagenross, I khnecht; Medwisch (Mörbisch): Zway wagenross und ein wagenkhnecht. Die wagenross und wägen mit aller zugehörung sollen d bemelte sieben dorffer geben und im haw bestellen". Wie zweckmäßig diese Vorbereitungen waren, sehen wir schon daraus, daß 1529 der Türke tatsächlich auch gegen Ödenburg zog, um Wiener-Neustadt zu erobern.
Am 9. August 1529 war der Ansturm des türkischen Heeres gegen die Stadt Ödenburg. S wurde jedoch von den Bürgern unter Leitung des Stadthauptmanns Dietrich von Hartisc (=Schwiegersohn der Gertrud von Weispriach!) verteidigt. Die Innenstadt mit ihren starken Mauern konnte dem Türken widerstehen. Allerdings die Vorstadt (die äußeren Stadtteile) und die Stadtdörfer wurden geplündert, ausgeraubt und zum größten Teil eingeäschert. Die Gärten und die (so wertvollen) Weingärten wurden zertrampelt und vernichtet und viele der Bürger und Untertanen ermordet oder als Sklaven in die Gefangenschaft verschleppt. Sicher waren diesmal Kolnhof und Wolfs am schlimmsten betroffen, da diesmal sie am Wege des Feindes lagen, der ja von Osten nahte. Aber auch Harkau wurde nicht verschont. Die Verwüstung durch die Landseer war noch nicht voll beseitigt, da kamen die türkischen Heere, die nicht nur raubten, plünderten und brandschatzten, sondern die auch die Menschen töteten oder in die Sklaverei verschleppten. Sicher haben auch die Harkauer sich, ihr wenig Vieh, ihre wenig Habe im Wald versteckt, aber das Zurückgelassene wurde von den Türken vernichtet. In eine Botschaft der Stadt Ödenburg an König Ferdinand I. aus dem Jahre 1530 schildert die Stadt ihren erlittenen Schaden folgendermaßen: "Außerdem haben die blutrünstigen und grausamen Türken alle unsere, der Stadt und der Untertanen Güter und Besitzungen verwüstet, geplündert und eingeäschert, zugleich den Großteil der Menschen verschleppt und getötet, so sehr, daß kaum der vierte Teil der Bewohner übrigblieb". Wenn man bedenkt, daß die Bürger selbst doch einigermaßen hinter den Stadtmauern geschützter waren, so ist anzunehmen, da der größte Teil der Dorfbewohner umgekommen ist.
Kaum war der erste Durchzug des türkischen Teilheeres vorbei, die materiellen Schäden in den Dörfern der Stadt noch längst nicht behoben, war schon drei Jahre später, im Jahre 1532 ein neuer Ansturm der Türken zu befürchten. Abermals zogen die Türken nach Westen und belagerten die Stadt Güns. Sie wurde jedoch heldenhaft verteidigt und konnte von den Türkn] nicht eingenommen werden. Nachdem die Stadt Ödenburg die Angst vor den Türken bereits kennengelernt hatte, traf der Rat der Stadt besonders viele und wichtige Vorkehrungen, um Ödenburg bei seiner erneuten Belagerung durch die türkischen Heere noch besser verteidigen zu können. Die Stadt stellte selbst 670 Bürger zur Verteidigung. Die Untertanen in den Dörfern wurden verpflichtet zur Verteidigung der Stadt beizutragen - aber nicht zu der ihrer Heimatdörfer! - Laut einer im Archiv vorhandenen Aufstellung mußten die Dörfer folgende Zahl an Männern stellen: Agendorf 41, Mörbisch 35, Wolfs 35, Kroisbach - das vorübergehend auch ein Stadtdorf war - 28, Wandorf 16, Klingenbach 11, Harkau - das ehemals größte Stadtdorf - nur 30 (Folgen der Brandschatzung der Landseer?) Kolnhof - das 1529 von den Türken derart verwüstet worden war, daß 1532 noch kein einziges Haus wieder aufgebaut worden war - brauchte keine Männer zu stellen. Wahrscheinlich war es auch ganz entvölkert! Die deutsche Bevölkerung dieser Gemeinde wurde vernichtet, so daß einige Jahre später Kroaten angesiedelt wurden (1983 hielt die Gemeinde ihre 450 Jahrfeier zur Erinnerung an die kroatische Besiedlung). Außer den Männern mußten die Dörfer auch noch Fuhrwerke nach Ödenburg abstellen (zur Ausbesserung der Stadtmauern!). Harkau mußte 2 Wagenroß, einen Reißwagen und einen Wagenknecht zur Verteidigung der Stadt stellen (Agendorf mußte 3 Pferde, 1 Wagen und 2 Wagenknechte, Mörbisch 2 Pferde und 1 Wagenknecht stellen. Ebenso die anderen Stadtdörfer ihr Kontingent).

Zum Glück kam das türkische Heer nur bis Güns, und die Stadt Ödenburg samt ihren Dörfern wurde diesmal verschont. Im Jahre 1663, also einige Jahre bevor Wien zum zweiten Mal belagert worden war, verwüsteten kleinere türkische Heeresabteilungen noch einmal Wandorf, so daß die Bevölkerung fliehen mußte, doch war das nur vorübergehend. Ödenburg konnte auch diesmal nicht eingenommen werden; vielleicht wurde es auch gar nicht belagert, da eine Eroberung aussichtslos war. Ob in dieser Zeit auch wieder Harkau und Kolnhof von den Horden heimgesucht worden waren, konnte ich nicht feststellen.
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)