Im Jahre 1937 war Dr. Pranz Basch Generalsekretär des UDV. Auch er stammte - wie Prof. Jakob Bleyer - aus dem Banat, das 1919 z. T. an Jugoslawien, z. T. an Rumänien angeschlossen wurde. Wegen seiner Äußerungen gegen die Namensmagyarisierung: "Wer seines Vaters Namen nicht ehrt, ist seiner Ahnen nicht wert", wurde er zu 5 Monaten Kerker (!) verurteilt. "Dieses Urteil nahm der Regierungsbeauftragte und Vorsitzende des UDV, Dr. Gratz zum Anlaß, Dr. Basch zu entlassen. Die Männer und Studenten dieser volksdeutschen Richtung traten da- rauf aus dem UDV aus oder wurden ausgeschlossen..." (Dr. Weidlein: Archiv 1981, S. 38. Siehe darüber ausführlich in Dr. Weidleins, Schorndorf, zahlreichen Schriften!)
 
Diese ausgeschlossenen und ausgetretenen Männer gründeten mit Genehmigung der ung. Regierung den "Volksbund der Deutschen in Ungarn" (VDU). Dieser Volksbund war den Magyaren ein Dom im Auge, ja Dank der chauvinistischen Hetze und Propaganda der Magyaren für ein Großteil der Bevölkerung ein "rotes Tuch". Er wurde von der ung. Öffentlichkeit auf das Schärfste bekämpft und die Mitglieder als "Vaterlandsverräter" abgestempelt. Dabei hatte der Volksbund nur die Erhaltung des Deutschtums zum Ziel, wie einige Zitate aus dieser Zeit es zur genüge beweisen (siehe Dr. Weidlein im Archiv Suevia Pannomica, 1981, S. 40/41!). So schrieb Dr. Heinrich Mühl: "... Wir haben nur das eine im Auge: Erhaltung unseres Deutschen Volkes...", und Dr. Goldschmidt schrieb: "... Will er (der Volksdeutsche) etwas, was ihm als Deutschen zusteht, so ist er ein die Integrität seines Landes gefährdender Panger, der - wie sich unlängst wieder Bajcsi-Zsilinsky ausgedrückt hat - hochgezogen (= gehenkt) werden müsse.. ?", und Dr. Schnitzer schrieb: "Wir fordern nur das, was dem ungarländischen Deutschtum nach göttlichem Recht und menschlichem Recht, nach dem I internationalen Minderheitenstatut und nach den einheimischen Gesetzen zusteht" (nach Dr. , Weidlem). Pfarrer Spiegel-Schmldt zitiert: "... Uns ging es nur um unser Volkstum, uns ging es darum, daß unsere Kinder deutsch reden und schreiben können und nicht verführt werden abzuleugnen, daß sie Deutsche sind" ("Der Ungarndeutsche" 1978, Nr. 20). Allmählich sieht und (ca. 2%) aber meist wohlhabende urteilt man - Dank Dr. Weidleins wissenschaftlich fundierter Arbeit hier in der Bundesrepublik zu verleugnen und hofften,- auch im heutigen Ungarn sachlich über den Volksbund. So schreibt der jetzt noch in der Propaganda Ungarischen-Volksdemokratie lebende Historiker Bela Beller (in der Suevia Pannonica, Archiv der Deutschen aus Ungarn, Jahrgang 1985, S. 55) "... Weder der Vorläufer des Vorläufer des Volksbundes, die Volksdeutsche Kameradschaft, noch der Volksbund selbst nach 1938 war ursprünglich eine politische Organisation, sondern nur eine gemäß dem Vereinsgesetz von 1879 gebildeter Kulturverein. In eine politische Organisation verwandelte ihn erst die ohne sein Zutun zustande gekommene ungarisch-deutsche Vereinbarung (aufRegierungsebene!), die - entsprechend der allgemeinen Tendenz des ung. politischen Lebens - auch der nationalistischen Ausrichtung den Weg öffnete.
Zu dieser Entwicklung hat gewollt oder ungewollt auch die ungarische Regierung begetragen, aber auch so war die ungarndeutsche Volksgruppenorganisation noch das am wenigsten radikale volksdeutsche Gebilde in ganz Ost- und Südeuropa. Eine Bearbeitung (Tilkovszky [ung.]: Das war der Volksbund!), die diese Phasen- und Typusunterschiede nicht zur Kenntnis nimmt, kann kein authentisches Bild vom Volksbund geben. Auch den Eintritt in die Waffen-SS machten erst zwischenstaatliche Verträge möglich...". Im "Deutschen Volksboten"., dem Blatt der Kameradschaft, aus dem der Volksbund hervorging, hieß es auch in diesem Sinne (Januar-Ausgabe 1937): "... die Kameradschaft wolle weder einer liberalistischen, noch einer nationalistischen, noch einer faschistischen Weltanschauung den Platz in Ungarn vorbereiten, sondern sie wollte nur deutsch bleiben.. ?" (Dr. Weidlein: Deutsche Schuld in Ungarn? S. 24
 
Auch in Harkau wurde nach dem "Einschlafen" des UDV die Ortsgruppe des Volksbundes gegründet und am 2.7.1940 unter Nr. 11452/1939 behördlich genehmigt. Während in Harkau Wie bereits erwähnt, liegen uns beim UDV mehr die Älteren aktiv waren - wenn man von Aktivität überhaupt sprechen, - so engagierte sich beim Volksbund hauptsächlich die damalige Jugend. Wie argwöhnisch die (Behörde dem Volksbund begegnete, möge folgendes persönliche Erlebnis am besten beleuchten: Eines Tages kamen die Gendarmen - die in Kolnhof stationiert waren - wieder zu uns ins Geschäft. Da ich allein im Geschäft war, gingen sie gleich auf ihr Ziel los und sagten mir, ich solle zu den Volksbundveranstaltungen gehen und ihnen darüber berichten. Wenn ich diesbezüglich Schwierigkeiten in der Lehrerbildungsanstalt bekäme, würden sie mich decken. Ich lehnte eine Spitzeltätigkeit entschieden ab, worauf sie in Zukunft unser Geschäft mieden. Da ich hauptsächlich in den Wintermonaten, in denen die bäuerliche Jugend des Dorfes mehr Zeit hatte und auf kulturellem Gebiet tätig war, die ganze Woche in Ödenburg wohnte und studierte, kann ich über die Tätigkeit des Volksbundes in Harkau nicht viel berichten. Wenn ich richtig informiert bin, wurde an den Heimabenden der Jugend viel gesungen, musiziert und Volkstanz geübt (siehe auch mein Buch: "Aus der Chronik von Harkau"!) Aber eine politische Schulung im nationalsozialistischen Sinne gab es ganz sicher nicht!
 
Unsere Bauersleute lasen in den Wintermonaten aus der Leihbücherei (Leseverein) alte Romane, Lebensbeschreibungen, religiöse, manche sogar philosophische Werke, aber niemand las Hitlers "Mein Kampf' oder den "Völkischen Beobachter". Daß manchmal einer das Hetzblatt "Der Stürmer" beim Sauerwasserholen zugesteckt bekam, das mag schon sein. Aber welche »Wirkung" es auf die Harkauer hatte, sehen wir am besten daraus, wie hilfsbereit die wie auf einem Grabstein in meisten Harkauer gegenüber den Juden waren, die im Winter 1944/45 unter schlechtesten Bedingungen in Harkau untergebracht waren, und die meisten Harkauer halfen, wo sie konnten. Wir wollen auch nicht verschweigen, daß während des Krieges schon mehrere Harkauer ein Radio besaßen und natürlich durch die Propaganda des Wiener Radios infiziert wurden. Da kann ich mich noch gut erinnern auf eine Radiosendung um die Weihnachtszeit, bei der ein Kommentator Jesu Geburt von und in einer "nichtarischen Familie" versuchte lächerlich zu machen, wie ich dann anschließend mit den bei uns allabendlich versammelten Männern, die z. T. älter waren als mein Vater, diskutierte und den biblischen Bericht verteidigt habe. Es gab unter den Deutschen in Ungarn auch noch eine dritte Gruppe. Sie nannte sich "Treue-Bewegung" (ungarisch: hüséggel a házahoz), kurz "Hü-ha" Bewegung. Ihr gehörten wenige (ca. 2%) aber meist wohlhabende deutsche Bauern an. Sie waren bereit, ihr Deutschtum gänzlich zu verleugnen und hofften, ihr Vermögen behalten zu dürfen.
Die ung. chauvinistische Propaganda streute nämlich Ende der 30er Jahre und während des Krieges die Parole aus, die Deutschen würden aus Ungarn vertrieben, egal ob das Reich den Krieg gewinnt oder verliert. Einige "Bauernfänger" versprachen ihnen, wenn sie ihren Namen magyarisieren, sich zum Magyarenturn bekennen, der Treuebewegung beitreten, dürften sie im Lande bleiben. Der bereits oben zitierte, jetzt noch in Ungarn lebende Historiker Bela Beller äußerste sich hierzu folgendermaßen: "Auch die von der Regierung organisierte konservativ eingestellte "Treuebewegung" kam keiner Lösung gleich, da man den Beweis des Kampfes gegen Hitler einerseits und der Treue zum Vaterland andererseits im Magyarisch-werden erblicken zu müssen glaubte. Auf diese Weise ist (das ungarländische) Deutschtum auf einen Irrweg geraten, seine Vaterlandsliebe hätte es auf Kosten seines Deutschtums und sein Deutschtum auf Kosten seiner Vaterlandsliebe zu erbringen gehabt:" (Der Ungarndeutsche,1979, Nr. 6). Da aber die Führer dieser Hü-ha-Bewegung im sozialistischen Ungarn nichts mehr zu sagen hatten, wurden 1946 die Mitglieder dieser Bewegung genauso vertrieben wie die Mitglieder des Volksbundes oder die, die nirgends dabei waren. Ihre "Schuld" war, daß sie Deutsche waren, darum wurden sie vertrieben. In Harkau gab es keine "Hü-ha-Ortsgruppe", da gab es auch keine reichen Bauern mit 100-200 Hektar Feld.
 
Quelle: "Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)