"Zur Zeit der reformation folgte auch Agendorf dem Beispiel von Sopron. Nach der Verkündigung des Toleranzgebotes begann wieder die Gemeinde zu funktionieren. Der erste Gottesdienst fand am 7. September 1783 im Garten des Schmiedes Mátyás Neuberger statt. Im nächsten Jahr, 1784, kam es zur feierichen Eröffnung des Gebetshauses. Dieses Gebetshaus wurde 1833 renoviert, mit einem neuen Altar, Predigtstuhl und Orgel verschönert. Dafür haben die Gläubigen 15.000 Forint gespendet. Die Eröffnugnszeremonien hat János Kiss, Superintendant der Evangelisten des Bezirkes Transdanubien, unter der Assisstenz von mehreren Prädikanten vorgenommen, und sie wurden vom Orchester des Soproner Konvents mit einer Cantate abgeschlossen. Die Prädikanten waren Mátyás Harnwolf 1783, József Kalchbrenner 1809 und József Gamauf 1819. Zu dieser Muttergemeinde gehörten als Tochtergemeinden Lakompak, Loipersbach und Brennberg."

István Illés, der Komitatsrichter, schreibt folgendes:

 

  • Der Schulunterricht ist einzustellen.
  • An der von der Stadt (zum Bau einer Kirche) bei der Schmiedewerkstatt zur Verfügung gestellten Stelle ist der Bau verboten.
  • Bei Begrübnissen ist das Geläute untersagt.
  • Dem evangelischen Lehrer verbiete ich, bei den Trauungen den Trauschein auszufüllen.

 

Die Lutheraner von Agendorf gaben sich damit nicht zufrieden. Im Namen von 900 Gläubigen haben sie eine Bittschrift verfasst, die von der Komitatversammlung am 4. Mai 1784 diskutiert wurde. das Ergebnis: "Dem Kirchenbau ist feier Lauf zu sichern".

 

Am 13. Mai 1784 wurde an der Stelle der Schmiedewerkstatt, wo der Boden sehr sumpfig war, mit dem Bau (des östlichen Teiles) begonnen. Einen Monat lang wurden nur Pfähle eingeschlagen. Zum Bau der Kirche haben die Einwohner von drei Dörfern mit Spenden und Gratisarbeit beigetragen. Diese schwierige Arbeit wurde von jungen Leuten aus Agendorf, Wandorf und Loipersbach durchgeführt. Der Entwurf der Kirche stammt vom Soproner Architekten György Trost. Sie wurde nicht gewölbt, sondern nur mit Balken überdacht. Laut Kirchenchronik wurde auch der Soproner Steinmetz Emminger beschäftigt, der name dürfte aber richtig Eigner lauten. Die Transport- und Handarbeiten haben die drei Dörfer gratis durchgeführt, und auch die Stadt Sopron hat viel geholfen.

 

Ebenso haben die Dörfer Harkau, Mörbisch und Wolfs beim Bau mit viel Transport mitgeholfen. Die Kirche wurde in schnellem Tempo errichtet und von 1784 bis 1785 aufgebaut. Es ist selbstverständlich, daß zum Bau viel Geld notwendig war. Die Kirche musste zusammenhalten, und es waren ernsthafte, zuverlässige Menschen notwendig, die den Bau geleitet haben.

 

Mathias Harnwolf (Pfarrer) von 1783-1809
Dorflehrer und Kantor Johann Ebel
Georg Lißh, Kirchenaufseher
Paul Wödl, Kirchenleiter bis 1793
Edelmann, Fleischhauer
Johann Ran
Michael Böhm
Andreas Feiler
Mathias Eber
Mathias Wödl
Michael Gritsch
David Heinz
Wandorfer







Loipersbacher
Tschurl (Müller)
Johann Jakab
Andreas Schneider
Mathias Kleiner
Andreas Tschurl
Andreas Grimßl (Richter)

Andreas Hauer - Richter
Mathias Hauer
Andreas Handler
Johann Hasch
Andreas Kirchknopf

 

Geschenke, Geldspenden
mosaik p071aDer Bruder des in Agendorf geborenen evangelischen Priesters Michael Harnwolf schickte 150 Forint zum Bau der Kirche und kaufte Kirchengeräte zum Abendmahl (in Schlesien). Die frühere Orgel haben die Banfalvaer János Jakab, Tschurl und Adnreas Schneider in Wien bei Herrn Malleck für 200 Forint auf eigene Kosten bestellt (aber sie war nicht die heutige). Den Altar hatte man aus der auf dem Wiener Kahlenberg aufgelassenen Kamaldulen-Klosterkirche um 30 Foriten gekauft (Herr Siegel). Den Predigtstuhl kauft 1793 aus der Kirche des Wiener Bürgerspitals János Ran um 75 Forint. Der Taufbrunnen ist eine Spende des in Agendorf geborenen Soproner Schmiedemeister. Für die Dachkonstruktion spendiert der Wandorfer Mátyás Klerner 100 Forint. Die Zimmermannsarbeiten der Kirche werden von Lörinc Mattis geleitet. Die Dachziegel werden in Österreich, in Starhemberg, gekauft. Mit der Dachkonstruktion gabes aber bald Probleme. 1827 wurde sie vom Soproner Architekten Vencel Hild für lebensgeführlich erklärt. Seinen Entwurf hatte die evangelische Kirche von Sopron als Muster genommen, aber die Kirche wurde erst nach seinem Tod umgebaut. Den Bau hat der Sohn von Vencel Hild, Ferdinánd, geleitet. Die neuen Säulen wurden vom St. Margarethener Steinmetz Mihály Schweifer gefertigt. Die Zimmereiarbeiten sind unter der Leitung der Soproner József Heib und József Fasching fertiggestellt worden. Die Einrichtung wurde vom Agendorfer Tischler Mihály Ringauf und vom Wandorfer Tischler János Böhm fertiggestellt.

 

1834-35 wird die Kirche erneut umgebaut. Die Arbeit begann im Jahre 1834, acht Tage nach Ostern, und die umgebaute Kirche wurde am 27. September 1835 eingeweiht. Sie wurde von Bischof János Kiss vorgenommen.

 

Die Kirche wird von den hohen toskanischen Säulen in drei Schiffe geteilt. Über den Nebenschiffen zieht sich ein Chor, der in den nach vorne schwellenden Orgelchor übergeht. Beim Umbau wurde auch die Einrichtung ausgetauscht. Der Altar und der Predigtstuhl sind auch hier vereint, das ganze hat klassiszistischen Stil. Das ältere Altarbild, worauf eine den Glauben symbolisierende Frauengestallt mit zwei Kindern zu sehen ist, wurde 1835 vom Soproner Károly Steinacker gemalt. Das 2. Altarbild ist ein Werk des Malers Antal Steiner. Der Taufbrunnen stammt noch aus der Zeit der ersten Kirche. In seinen Rand ist eingemetzelt: "Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig sein." Die drei Leuchten stammen aus der Biedermeierzeit, ähnlich wie die Orgel. Zusammen mit der Kirche wurde auch die Sakristei gebaut. Den Erbauern kam das Wetter zugute: 1835 gab es im ganzen Sommer keinen Regen. (Im Juli verursachte das Füttern der Tiere bereits Probleme.)

 

Turmbau (1869-1870)
Der Gedanke des Turmbaues tauchte 1862 auf. Die Gemeinde Agendorf-Wandorf-Loipersbach hat beschlossen, daß nach dem Sammeln der Spenden 1869 mit dem Bau begonnen werden kann. Als den protestantischen Kirchen das gesetzliche Recht zum Turmbau gewährt wurde, haben sie die Möglichkeit auch rasch wahrgenommen. Am 6. März 1869 hat man mit den Arbeiten begonnen, um die Fundamente fertigzustellen.

 

Wie beim Kirchenbau wurden auch vor dem Bau des Turmes zunächst bodenbindende Pfähle eingeschlagen. Die Grundsteinlegung wurde im Rahmen einer grossen Feier vorgenommen. Der Bauentwurf ist die Arbeit des Planers Nándor Handler, die Bauarbeiten werden von Sebastian Hafbauer beaufsichtigt und geleitet. Die Fundamente sind in vier Wochen fertiggestellt. Der Bau schreitet mit grossen Schritten voran, bis Jahresende ist der Turm zu 3/4 fertig. Die Abschlußspitze des Turmes wird 1870 fertiggestellt. Nándor Handler, der Erbauer der Soproner Ursulinen-Kirche, hat den Turm aus von einer gotischen Kirche abgeguckten Motiven zusammengestellt und auch den östliche nTeil der Kirche umgestaltet, während der wesstliche Teil auch heute noch in Originalform steht. Durch die Anordnung der Fenster läßt er bereits das dreischiffige System erahnen.

 

mosaik p071bAm 26. September 1869 bekommt die kleinere von den zwei Glocken einen Sprung. So hat die Gemeinde beschlossen, beim Soproner Glockengießer Frigyes Seltenhofer drei Glocken zu bestellen, die in Es-Moll-Akkord läuten. Die Glocken haben 3.823 Forint gekostet und ein Gesamtgewicht von 19,42 Zentner gehabt. Heute gibt es zwei Glocken. Die eine ist die 1.162 kg schwere "Heldenglocke", die andere die "Bittglocke" von 1869. Die dritte hat man am 11. Mai 1944 verschleppt. Die Turmuhr wurde aus Wien, aus der Uhrenfabrik der Gebrüder Rösch, vom Agendorfer János Holzhofer gekauft und am 30. Juli 1870 eingeweiht. Der 51 Meter hohe Turm wurde am 25. September 1870 eingeweiht.
 
In der Schatzkammer der Kirche sind neben den wertvollen, handgeschriebenen Büchern ein Zinnkrug mit Soproner Marke, sein Meistermal ist eine Menschengestalt; ein Silberkelch aus dem Jahre 1873 mit sehr geringer Vergoldung, mit einem Planet (Hostienbehälter-Tellerchen) und mit Hostienbehälter zu sehen. Das ist das Geschenk der aus Agendorf stammenden Familie Harnwolf aus Liegnitz. Als Stadtmarke ist Liegnitz, als die des Meister ist F.C.H. zu lesen. Die Kirche ist ein Gebäude aus dem Spätbarock mit einem romantischen Turm und einer in der Romantik umgebauten Fassade. Sie hat Nord-Süd-Orientierung. Auf den beiden unteren Ebenen vor der Fassade steht ein viereckiger Turm, an der Nordseite ein spitzbogiges Tor mit Giebelrahmen, darüber ein rundes rosettenförmiges Fenster. Die nächsten drei Etagen sind achteckig, mit hohen Beitürmen am Durchmesser, auf der dritten Etage vier runde Uhrenblätter. Den oberen Teil bildet ein achtseitiger Ziegelhelm.

 

Quelle: Agendorfer Mosaik
Andreas Böhm (1991)