a) Das Verhältnis zwischen Gemeinde und Pfarrer
Edmund Scholtz sah ein, daß man sich mehr um die Gemeinde kümmern sollte. Die Wandorfer gewöhnten sich in Verbindung mit der Verselbständigung daran, daß sie nicht mehr nach Agendorf zum Gottesdienst mußten und erwarteten nun, daß der Pfarrer zu ihnen komme. Edmund Scholtz schickte seine Kapläne monatlich zweimal nach Wandorf.

Dies zeigte langsam seine günstige Wirkung. Er selbst fand den Weg sehr selten zur Gemeinde. Noch heute erzählt man sich, daß er die Stolen und den Fuhrlohn für sich einkassierte, auch dann, wenn er zu Fuß kam oder den Kaplan zu Fuß schickte. Mittlerweile hatte er sich ein Grundstück gekauft und besaß inzwischen in Ödenburg zwei Häuser. Seine Handlungen waren von Rechts wegen wohl korrekt, da er sich genau an das geschriebene Wort hielt, aber man hielt ihn für zu materiell eingestellt und er wurde deswegen des öfteren beschimpft. Man nahm es ihm übel daß er die kirchlichen Angelegenheiten mit Politik vermischte und auf der Kanzel politisierte. Dies bezog sich freilich nicht auf seine deutschen Äußerungen, sondern vielmehr auf die antikommunistischen Erklärungen. In den Jahren nach dem Kriege wiederholte er sich selbst indem er auch jetzt wieder auf materieller Grundlage die Gemeinde bauen und ihre Verselbständigung vorbereiten wollte. Die Kirchensteuer wurde ab 1927 gemeinsam mit den staatlichen Steuern einbehalten. Seiner Meinung nach war dies für den Abbau des Kirchensteuerrückstandes die beste Lösung. Die in der Inflation entwerteten Fonds wollte er wiederbeleben, konnte aber die Gemeinde dafür nicht interessieren. Er sammelte deshalb eben in- und ausländische Spenden. Von dem Luther Fonds verlangte und erhielt er 4.645 Pengö für den Kirchen- und Pfarrhausbau und kaufte in Grundstück von 929 Klafter, auf dem das jetzige Pfarrhaus steht. Mit den Kollekten der Gottesdienste und den Resten der Gemeindekasse bildete er einen Glocken-Fonds zwecks Kauf zweier Glocken, die man während des Krieges fortholte. 1934 und 1936 entstanden Kirchen- und Pfarrhausbaupläne zwecks Sammeln von ausländischen Beihilfen. Edmund Scholtz reiste ins Ausland (Deutschland) und sammelte Spenden. Im Jahre 1834 erhielt die Gemeinde die Liebesgabe des Gustav-Adolf-Vereins. 1937 standen mehr als 20.000 Pengö für den Kirchen- und Pfarrhausbau zur Verfügung, aber zum Bauen kam es nicht, denn es war niemand da, der es forciert hätte.

b) das Aufleben der Gemeinde
In den dreißiger Jahren sah man Zeichen dafür, daß das Gemeindeleben einen Aufschwung nahm. Zu danken war dafür in erster Linie den Kaplänen, die so häufig nach Wandorf kamen und dem Einsatz der Lehrer. Jeden zweiten Sonntag hielten die Vikare den Gottesdienst. Öfters veranstalteten sie auch religiöse Abende und bei solchen Veranstaltungen erwies sich der Betsaal immer als zu klein. Die Kapläne versuchten es auch mit der Jugend, in Verbindung mit dem Religionsunterricht der Wiederholungsschüler und der Levente-Jugend.

c) Die Pensionierung von Edmund Scholtz
Edmund Scholtz verabschiedete sich Ende 1938, nach 47jährigem Wirken müde geworden, von seinen Gemeinden: Von Agendorf herzlich und freundlich, von Wandorf voller Bitterkeit. In seiner Abschiedspredigt über Johannes 1, 19-23 sprach er darüber, daß sein Wort in Wandorf das Wort eines Rufers war, ein in der Wüste verklungenes Wort. Die Gemeinde hat ihm auch das übel genommen. Wenn wir aus unser heutigen Sicht manchmal Kritik an seiner Arbeit üben, wollen wir aber nicht verkennen, daß er in seiner Zeit und seiner Überzeugung nach treu gedient hat.

Quelle: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde in Wandorf
Prof. Pröhle (1950), übersetzt aus dem Ungarischen von Matthias Ziegler