Kaum zu glauben, aber 16 Spielkartenmaler arbeiteten in Ödenburg im 19. Jahrhundert. Die Karten waren so eigenartig, dass sie einen besonderen Namen bekamen, die Ödenburger Deutsche Spielkarte. Von diesem Thema hat Prof. Dr. Claudia Wunderlich in Ödenburg im Deutschen Kulturkreis am 27. September 2024 gehalten.
(vielen Dank an Taschner Tamás für diesen Artikel)
Claudia Wunderlich ist Professorin für Sprachen an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt. Die polyglotte Nachfahrin der alten Ödenburger Bürgerfamilie, die im 19. Jahrhundert in Raab Spielkarten herstellte, war seit ihrem Studium der Anglistik und Romanistik an der Universität Erlangen lange Jahre Kunst- und Kulturvermittlerin in Nürnberg. Ein Aufbaustudium in Local History an der Universität Oxford brachte sie zur Forschung zurück in die alte Heimat ihrer Familie. Neben ihrer Sprachforschung untersuchte sie die Familiengeschichte der Familie Unger und zunehmend Spielkarten allgemeiner. Dazu publizierte sie u.a. in der Soproni Szemle, Ethnographia und jüngst im Konferenzband der Arbeitsgruppe Handwerk der Ungarischen Akademie der Wissenschaften. Außerdem hat sie zum Thema Semiotik der Spielkarten bereits auf internationalen Konferenzen vorgetragen. 2024 brachte sie mit Piatnik ein Faksimilie eines Spiels mit Ödenburger Bild, der ursprünglichen „ungarischen Spielkarte“ (magyar kártya) des in Ödenburg geborenen Kartenmalers Mátyás Ungers (1789-1862) heraus. Flóris Rómer, der „Vater der ungarischen Archäologie“ und Gründer des Raaber Museums persönlich hatte sich für diese Karten interessiert und die Druckstöcke auch für das Nationalmuseum sammeln lassen. Ödenburg ist schon lange als bedeutende Kartenmalerstadt in der Literatur bekannt. Durch ihre Forschung kann Frau Professor Wunderlich nun bislang unbekannte Gründe hierfür nennen und zeigen, dass Ödenburg für die Spielkartengeschichte noch viel wichtiger war, als bislang angenommen und wie Verbindungen in andere wichtige Kartenproduktionsstädte im deutschsprachigen Raum geartet waren.
Im Vortrag spach Prof. Dr. Claudia Wunderlich von ihrer Familie, von ihrer Beziehung mit Ödenburg und von ihren Entdeckungen. Sie bewies, der Gründer der Firma Piatnik Anton Moser, in Ödenburg geboren wurde. Ferdinand Piatnik nur übernahm die Kartenmalerei des Anton Moser. Die Herstellung von Spielkarten war damals noch ein Handwerk. Bald nach der Übernahme wurde der Handwerksbetrieb in „Ferdinand Piatnik in Wien“ und 1882 in „Ferd. Piatnik & Söhne, Wien“ umbenannt. Ferdinand Piatnik entwickelte höchst erfolgreiche und bis heute bekannte Spielkartenmotive in spezieller Eigenart, wie zum Beispiel die „Doppeldeutschen“ mit gedreht zueinanderstehenden Halbfiguren aus Schillers „Wilhelm Tell“, das österreichische Tarockblatt, sowie viele Joker- und Rummy-Karten.