fig 01Wie gut kann ich alle diese Menschen verstehen, die heute im fernen Deutschland wohnen, sich in diesem Land eine neue Heimat schufen. Alle, die in dieser neuen Heimat Familien gründeten, die Kinder nun wieder Kinder haben – drei Generationen sind in der damalige Fremde aufgewachsen. Für sie, diese jungen Menschen, ist das die Heimat. Das ferne Dörflein dort weit im Osten, es sagt ihnen nicht mehr viel. Zu sehr sind sie in der deutschen Erde verwurzelt, sind hier geboren, aufgewachsen und fühlen sich hier wohl.

Doch ihre Großeltern träumen noch oft von den fernen Dörfern, der größeren Stadt, in der sie ja fast fremd waren, weil sie nicht oft im Jahr dorthin kamen. Sie haben sie noch in sich, diese Sehnsucht nach der Geborgenheit des Elternhauses, welches damals ihr Zuhause in diesem Dorf war. Weiß getüncht, mit grünen Fensterläden und einem Hof, der Asphalt oder Beton noch nie sah! Wo könnten denn sonst die Hühner und vielleicht auch Enten herumscharren, wenn alles zubetoniert ist? Oder im Winter, wenn der Duft von Bratkartoffeln, gebratenen Maronis oder gar Äpfeln durch das Haus zog? Wenn vor Weihnachten der Geruch des Backwerkes, Vanillekipferl, Linzer Augen und ähnliches das Wasser im Munde zusammen laufen ließ?

All das kann ich nachvollziehen, kann ich so gut verstehen, denn auch ich habe Sehnsucht nach einem Ort, in dem ich einen Großteil meiner Kindheit verbrachte. Und in die ich auch bis heute immer wieder zurück gekommen bin. Zu der kleinen Ortschaft in der Südoststeiermark, ihren urwüchsigen Menschen, zu den Freunden aus meinen Kindertagen. Zu den kulinarischen Genüssen wie Würstel, Fleisch und dem köstlichen süßen Weißbrot, welches es zu Ostern gab. Den Käferbohnen, die mit Essig, Kernöl und viel Zwiebel eine köstliche Rarität waren. Der herrliche Apfelmost, den ich schon als Kind schätzen lernte, wie herrlich schmeckt er auch heute noch!

Doch nicht nur Essen und Trinken locken mich in diese Gegend, auch die Landschaft, ein wenig hügelig, mit ihren kleinen Bächen, Fischteichen und gräflichen Schlössern. Es sind vertraute Bilder, diese einfachen Häuser, heute sind sie schon selten, denn auch hier baut man modern, großzügig und praktisch. Doch in meiner Erinnerung haben diese einfachen Bauernhäuser noch ihren Platz, der Geruch nach frischer Milch, frischem Brot und einem heimeligen Herdfeuer ist heute noch gegenwärtig.

Doch diesmal war es etwas anders, etwas trauriger als in den letzten Jahren. Die Freunde der Kindheit, nun auch schon weißhaarig und langsam geworden, geplagt von Krankheiten, Sorgen und der Gewißheit: Die tollen Kerle von damals sind wir nicht mehr! Fischen mit der bloßen Hand im Bach, das Erklettern der höchsten Apfelbäume, Schwimmen in den Fischteichen und das Mitarbeiten auf den Feldern bei der Ernte – alles vorbei! Und so saßen wir diesmal wie einst unsere Großväter, erzählten von damals und wurden dabei immer jünger, lachten und scherzten wie damals. Mit einer kleinen Träne im Augenwinkel.

Ja, so ist es in der Steiermark, so ist es auch in Agendorf, in Wandorf und in Ödenburg: Man kommt zurück als ein Fremder, die alte Heimat ist fremd geworden, auch die Dörfer scheinen grauhaarig und gebrechlich geworden zu sein. Welche Täuschung! Moderne Häuser, die Straßen schön asphaltiert, gepflegte Gärten, Autos – junge und vitale Gemeinden sind es heute – vertraut und doch schon so fremd!

Doch werden wir immer wieder zu Besuch kommen, immer wieder, denn es ist doch etwas ganz wichtiges, diese Heimat!

 

                        

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Euer rasender Reporter