a) Der Kalenderstreit und seine Folgen
 
Im Jahre 1576 bestieg König Rudolf den Thron, und mit ihm begann eine traurige Zeit der Verfolgung und Unterdrückung für die Evangelischen. Papst Gregor XIII. führte im Jahre 1582 den neuen, sog. Gregorianischen Kalender ein, doch die evangelischen Länder wollten davon nichts wissen. Auch die Ödenburger Lutheraner unter Führung ihrer Geistlichen sträubten sich gegen die Einführung des neuen Kalenders. Als Strafe für diese Opposition wurden 1584 sämtliche evangelische Pfarrer Ödenburgs und die zur Stadt gehörenden Dörfer, also auch von Agendorf, vertrieben.
 
Die Bewohner mußten bis zum Jahre 1606, in welchem die Religionsfreiheit überall wieder hergestellt wurde (Wiener Frieden), nach Neckenmarkt und Deutschkreutz zum evangelischen Gottesdienst gehen, wo die vertriebenen Prediger Zuflucht gefunden hatten und auch die Taufen, Trauungen und alle übrigen kirchlichen Handlungen verrichteten. Während dieser Zeit (1584-1606) hat auch die katholische Kirche in unseren Landgemeinden wieder Fuß gefaßt. Pfarrer Erasmus Fellner konnte sich zwar etwas länger als seine Ödenburger Kollegen behaupten - er wird noch 1586 genannt - aber im Jahre 1588 kam schon ein gewisser Andreas Scherer als katholischer Priester nach Agendorf.
 
b) Verhältnis zwischen Stadt und Land
 
Nach dem Wiener Frieden wurde der evangelische Gottesdienst m Ödenburg wieder eingerichtet. Und der städtische Magistrat als Patron der Stadtdörfer sorgte dafür, dass auch in diesen die protestantischen Prediger zurückkehren konnten. So mußte denn auch von Agendorf der katholische Pfarrer wieder weichen, da hier im Jahre 1610 abermals ein evangelischer Prediger namens Christoph Schwaiger genannt wird. Ihm bewilligte das städtische Patronat zur Ausbesserung der Agendorfer Kirche fünf Metzen Kalk. Schwaiger kam darauf nach Mörbisch, wo er im Jahre 1617 starb. Seine Bittschrift, m welcher er um die Versetzung nach Mörbisch bat, dessen Pfarrei er für besser hielt, befindet sich noch im Stadtarchiv.
 
Von seinen Nachfolgern in .Agendorf war der erste Andreas Leonwald, der sich im Jahre 1625 in die Ödenburger gelehrte Konföderation aufnehmen ließ. Im Jahre 1630 hatte er Verdrießlichkeiten mit dem Prediger in Stemberg, der für ihn den Gottesdienst verrichtete, ihm jedoch das Beichtgeld nicht aushändigte. Ja, noch zu Anfang des Jahres 1632 befand er sich in Agendorf, denn er erhielt beim Begräbnis des Bürgermeisters Lackner, so wie alle übrigen Landprediger einen Dukaten.
 
Nach Leonwald folgten mehrere Geistliche, die nur kurze Zeit im Kirchspiel blieben. So 1632-33 Christoph Steydelmeyer, der von hier nach Ödenburg kam. Dann Christoph Zimmermann aus Weiden in der Pfalz gebürtig. Nach ihm kam Martin Liebezeit, der noch als ein alter Herr von Mörbisch nach Agendorf versetzt wurde. Er war schwer zu verstehen und zitterte bei der Austeilung des heiligen Abendmahls, verlangte daher einen Stellvertreter. Er erhielt ihn auch in der Person des Christoph Gensel am 1. September 1638. Da aber schon im folgenden Jahre Karl Paumgartner Prediger in Agendorf wurde, so ist' s wohl wahrscheinlich, dass Gensel gestorben ist.
 
Karl Paumgartner war ein geborener Kärntner und war zuerst Prediger zu Kanth in Schlesien, dann zu Neobschitz. Von da kam er als Exulant (= um des Glaubens Vertriebener) nach Ödenburg und bewarb sich um eine Pfarrstelle. Er erhielt anfangs das Vikariat in Agendorf und dann die Pfarrstelle daselbst. Wenige Tage nach seinem Amtsantritt (8. Juni 1639) wurde das Verhältnis der drei Gemeinden Agendorf, Wandorf und Loipersbach zueinander und was jede dem gemeinsamen Prediger zu entrichten habe, fest bestimmt. Dabei verblieb es während seiner fast 22jährigen Amtsverwaltung, die mit seinem Tod am 10. Februar 1661 in Agendorf endete.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)