Natürlich – immer, wenn man glaubt, dass es an diesemWochenende kein Terminproblem geben wird, kommt es anders. Doch diesmal konnte man doch noch alles unterbringen: Einführungsgottesdienst und Vernissage!

Beim Gottesdienst mit dabei zu sein, war ja gerne erfüllte Verpflichtung, doch auch noch eine Vernissage, um 16 Uhr – in Helenenschacht? Das ist ein Ortsteil von Brennberg – aber schon wieder auf österreichischem Gebiet gelegen. Und dazu noch ein geheimnisvolles Thema – sprechende Bäume! Hier dabei zu sein, diese Ausstellung zu sehen, das war natürlich schon sehr verlockend. Und es gelang auch – dank meinem Freund Helmut Rauner, der sich ebenfalls sehr für die ungarische Geschichte hier in unserem Gebiet interessiert. 



So fuhren wir denn um halb fünf los. In Helenenschacht, beim ehemaligen Förderturm, der von Gerhard Bogner in liebevoller Arbeit renoviert und als Wohnturm umgebaut wurde, angekommen, konnten wir gerade noch die Schlußsätze der Eröffnungsrednerin, Frau Gabriele Vasak, mitbekommen. Ich zitiere einige Sätze aus ihrer Ansprache: „Was mochte sie alle bewogen haben, der Welt des Waldes mitzuteilen, dass sie hier gewesen waren? Sie, die zur Menschenjagd abgestellt waren, jetzt wie kleine Buben oder Touristen naive Zeichen des Selbst setzend. Oder war es Angst, die sie trieb? Angst, von der Welt vergessen zu werden, da sie für Jahre in diesem einsamen Waldgebiet stationiert waren, kaum einen Menschen zu Gesicht bekamen?“

Dann besichtigten wir diese beeindruckenden Fotos der „Sprechenden Bäume“. In die Rinde von heute riesigen Buchen geschnitten, konnte man so manches erfahren, was diese jungen ungarische Grenzsoldaten damals bewegte.

Fotografiert wurden seit dem Jahre 2005 hunderte von Inschriften, Figuren und Daten. Jahrelang war Fred Misik in den Wäldern im Grenzgebiet um Köszeg unterwegs, um all diese Zeichen von Sehnsüchten, Träumen und Wünschen zu fotografieren. Es ist ihm in beeindruckender Weise gelungen. Vertiefte man sich in all diese Bilder, so tauchen unwillkürlich diese Menschen vor dem geistigen Auge auf. Mit Taschenmessern ritzten und schnitten sie die Dinge in die Rinden, die sie am meisten bewegten.

Heute beginnen die Rodungsarbeiten in diesen Wäldern, denen auch diese gezeichneten Bäume zum Opfer fallen. Für immer sind nun diese Daten verloren – nein! Sie leben in den Fotografien weiter. Gott sei Dank! Im Gespräch mit Fred Misik erfuhr man, dass es leider zu all diesen eingeritzten Inschriften und Zeichnungen keine Hintergrundinformation über die Menschen gibt, die sie einritzten. Doch mit etwas Fantasie kann man sich so manches zusammen reimen. Etwa die Inschrift vom Nagy Imre: 1974 bis 1976 an der Grenze stationiert, noch 199 Tage bis zur Entlassung vom Militär. Dann nach Hause zur Freundin, zur Familie, wieder in einem Betrieb seinem Beruf nachgehen. Dann Heirat, eigene Familie – vielleicht träumte er auch von Reisen in ferne Länder – hier stand er nur wenige Meter von Österreich entfernt, durfte es nicht betreten. Und da ließ er seiner Sehnsucht freien Lauf, schnitt all das, was ihn im Moment bewegte, in die Rinde von damals noch jungen Buchen.

All das vermittelte diese Ausstellung: Sprechende Bäume! Schade, dass sie nur an diesem Abend zu sehen war. Es ist eine Wanderausstellung – vielleicht gibt es noch viele andere Grenzgemeinden, in denen sie ebenfalls gezeigt wird? Den Fotografen würde es sicher freuen!