Neben der wirtschaftlichen Entwicklung nahm auch das Kulturleben beachtliche Fortschritte, was auch auf die Stadtdörfer ausstrahlte. Das im Jahre 1769 gegründete deutsche Theater war eine mustergültige Kulturanstalt. Das Haus wurde im April 1770 von Kaiser Josef II. beehrte, was sehr aneifernd wirkte. Im Theaterorchester wirkte Franz von Suppé als 1. Geiger mit, bevor er in Wien seine Karriere fortsetzte. 1820 trat Franz Liszt im Kasino erstmals vor die Öffentlichkeit. Er kam später noch zweimal nach Ödenburg und gründete die "Franz-Liszt-Musikschule", aus der hervorragende Künstler hervorgingen: Luise Liebhart, die gefeierte Primaballerina der Wiener Hofoper, der berühmte Geiger Karl Goldmark und die sächsische Kammersängerin Schuh-Proßke.
 
Durch diese Ausbildungsstätte nahm auch das Musikleben in Wandorf einen beachtlichen Aufschwung. Es bildeten sich Streichquartette, ein Zitherbund, Hausquintette und später auch Blaskapellen. 
 
ImageDie Hausmusik wurde besonders von der Musikerfamilie Böhm (madjarisiert: Baranyai) mit großer Hingabe kultiviert. Vater, Johann Böhm, hat mit seinen vier Söhnen, Hans, Karl, Matthias und Ernst ein Streichquintett gebildet und vorzügliche Hausmusik geboten. Er war der Sohn des Schuldienerehepaares Böhm, der in der ungarischen Militärkapelle den Rang eines Unterleutnants bekleidete. Er hat zahlreiche Musikeleven (Musikschüler) herangebildet, so auch seine Söhne, die Berufsmusiker wurden. Als Solo-Klarinettist und Oboe-Bläser wirkte er auch im Ödenburger Theaterorchester mit. Seine Hauskonzerte bleiben jenen unvergesslich, die sie miterlebt haben. Er kehrte aus dem 2. Weltkrieg nicht mehr zurück, blieb in Rußland verschollen. Sein Sohn Karl, ebenfalls Klarinettist bei der ungarischen Militärkapelle, hat mit einigen Kollegen nach der Vertreibung in Schwäbisch Gmünd den musikalischen Grundstock für die ersten Kirchweihfeste gelegt.
 
 
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)