Das Jahr 1848 war auch an den Ödenburger Schulen zunächst eine Zeit der nationalen Euphorie, wobei sich besonders die Schüler des Lyzeums hervortaten. Da die Schüler den Unterricht kaum mehr besuchten, wurden Ferien angeordnet. Am 5. April wurde eine Schülerversammlung abgehalten und ein in ungarischer Sprache verfasster Flugzettel mit dem Titel „Reformwünsche im Ödenburger Evangelischen Gymnasium“ verfasst. Das Flugblatt war in einem sehr scharfen Ton gehalten. Es forderte zur Herauslösung der Schule aus dem evangelischen Konvent und damit aus der Kirchengemeinde, die ja auch die Kosten trug, auf. Die Schule sollte dem Distrikt jenseits der Donau unterstellt werden.

Noch rabiater und für die immer mehr in einen magyarischen Nationalismus umschlagende Stimmung bezeichnend war die Forderung nach einer Auflösung der „Deutschen Gesellschaft“. Die Lehrer, dem ungarischen Freiheitsstreben durchaus aufgeschlossen, aber eben noch zweisprachig orientiert und vielfach auf deutschen Universitäten ausgebildet, antworteten ebenfalls mit einem zweisprachigen Flugblatt, in dem sie sich zum Entgegenkommen bereit erklärten, aber den respektlosen Ton und die Nichteinbeziehung der Lehrerschaft kritisierten. Die Antwort der radikalen Schüler ging so weit, dass sie einen „Abriss des ganzen Gebäudes und einen völligen Neubeginn“ verlangten. Im Sommer 1848 wurde es ruhiger in der Stadt, da sich die nationalen Aktivisten dem Freiheitskampf anschlossen und schließlich österreichische Truppen in der Stadt stationiert wurden. Der Wunsch, die Schule der Kirchengemeinde zu entziehen, ging 1851 in Erfüllung, nicht zuletzt mit Hilfe des evangelischen Pfarrers und Schriftstellers Moritz Kolbenheyer, der in seinen Predigten ebenfalls Sympathien mit der Revolution gezeigt hatte. Mit diesem Schritt wollte man die Einführung des Deutschen als alleiniger Unterrichtssprache verhindern.
In der zweiten Jahrhunderthälfte, vor allem nach dem Ausgleich, wurde das Lyzeum dann tatsächlich zu einem Hort des magyarischen Nationalismus. Die Leidtragenden waren die Söhne der Wirtschaftsbürger und der Bauern aus den Stadtdörfern, die ihre deutsche Identität zunehmend ablegen mussten, wenn sie es nicht vorzogen, andere, wirtschaftsorientierte Schulen zu besuchen. Das Niveau im Lyzeum blieb nach wie vor hoch, seine dreihundertjährige Tradition als geistiges Zentrum der lutherischen Deutschen in Westungarn aber ging verloren. Im Rahmen des Lyzeums entstand auch die erste Lehrerbildungsanstalt. Sie erhielt 1828 ein eigenes Gebäude.

Zu den beiden konfessionellen Gymnasien kam 1868 das große staatliche Realgymasium hinzu (heute Széchenyi-Gymnasium). 1898 wurde in der Sandgrube eine neue Berufsschule für 600 Lehrlinge aus 50 Berufen errichtet. 1884 wurde eine staatliche Handelsakademie für Knaben gegründet.

In der Stadt Ödenburg gab es 13 private Erziehungs- und Bildungsinstitute. Zwei dieser Einrichtungen waren berühmt: das Lähne-Institut (1853–1918) und das Csöndes-Institut (1867–1893). In diesen beiden Anstalten wuchsen die Söhne adeliger oder reicher bürgerlicher Familien auf, im Lähne - Institut unter anderen Miklós (Nikolaus) Horthy von Nagybánya, im Csöndes - Institut waren die Söhne der Festetics, Széchenyi, Teleki zu finden. In der deutschen Bürgerschaft hatten beide Institutionen einen denkbar schlechten Ruf.

Die höhere schulische Ausbildung der Mädchen erfolgte zunächst im Rahmen einer Privatinitiative. Dr. Karl Boor und seine Frau wollten ihrer Tochter eine höhere Bildung vermitteln und richteten privat ein Unterrichtszimmer für die besten sechs Schülerinnen der evangelischen Volksschule ein, wo diese von Professoren des Lyzeums unterrichtet wurden. Daraus entstand 1871 die Höhere Töchterschule, eine staatliche sechsklassige Internatsschule für Mädchen. Ein zweistöckiger Neubau am Deákplatz – sogar mit Turnsaal – wurde 1885 errichtet. Umgangssprache im Internat waren, bis 1945, Deutsch und Französisch. Nach dem 1. Weltkrieg wurde daraus ein achtklassiges Gymnasium. Die katholische Kirche nahm sich ebenfalls der höheren Mädchenbildung an. Die Ursulinerinnen eröffneten 1864 eine Lehrerinnenbildungsanstalt, 1907 ein Gymnasium, 1923 eine Frauengewerbeschule und 1941 eine Agrarfachschule. Die Töchter des Göttlichen Erlösers, die 1866 eine Niederlassung in Ödenburg errichteten, gründeten 1899 ebenfalls eine Lehrerinnenbildungsanstalt, 1900 eine Kindergärtnerinnenschule, 1922 eine Handelsakademie und 1923 eine Frauen-Gewerbeschule. Beide Orden unterhielten auch Volks- und Hauptschulen für Mädchen.

Welch wichtige Rolle vor allem die höheren Schulen und deren Lehrer im Prozess der Magyarisierung spielten, kann man am Beispiel des Benediktinergymnasiums ganz gut verfolgen (nach: Grete Maar, Scarabantia-Ödenburg-Sopron). Unterrichtssprachen waren (in der zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu über 90 % deutschsprachigen, am Ende des Jahrhunderts noch immer zu zwei Drittel deutschsprachigen Stadt): 1806 Lateinisch – Deutsch – Ungarisch, 1840–1844 Lateinisch und Ungarisch, 1844–1850 nur Ungarisch, 1950 bis 1961 nur Deutsch, 1861 bis 1867 Ungarisch und Deutsch und ab 1867 nur mehr Ungarisch (mit einem Einstieg für nur deutschsprachige Kinder in der ersten Klasse). Interessant ist, welcher Muttersprache die Schüler zugeordnet wurden: 1850 bis 1860 überwog noch der Anteil der deutschsprachigen Kinder, in den 1870er Jahren war es nur mehr ein Drittel. 1877 stellte man die Frage nach den Sprachkenntnissen und da zeigte sich, dass noch immer ein größerer Teil der Kinder zweisprachig war, also wohl überwiegend aus dem deutschen Milieu kamen (Ungarisch und Deutsch 140, nur Ungarisch 80, 12 weitere konnten auch Kroatisch, waren also dreisprachig). 1898 gaben 226 Ungarisch, 90 Deutsch und 22 Kroatisch als Muttersprache an. Zwischen 1925 und 1935 bekannten sich durchschnittlich 4–16 zur deutschen Muttersprache, 40–50 Schüler sprachen auch deutsch (von 350).

Autor: Michael Floiger