Die wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung nahm ihren Anfang mit den vielen Privilegien, die ungarische Könige der Stadt gewährten.
 
Freigiebig waren insbesondere die Könige Andreas 11 (1205-1235) und sein Sohn Beta W. König Andreas handelte nach dem Motto: "Alles hat seine Grenzen, nur die Freigiebigkeit des Königs soll grenzenlos sein." Seine Tochter Elisabeth hat die Großzügigkeit ihres Vaters geerbt. Sie tat viel für die arme Bevölkerung. Für ihre christliche Selbstlosigkeit wurde sie nach ihrem Tode heilig gesprochen. Als Ehefrau des Landgrafen Ludwig von Thüringen kam sie in das Deutsche Reich. In Marburg an der Lahn fand sie ihre letzte Ruhestätte.
 
Noch zu ihren Lebzeiten pilgerten viele ungarische Gläubige zu den Klöstern in Westdeutschland, die ihr Grüße aus Ungarn brachten. Diese Pilgerscharen kamen auch durch Agendorf, wo sie "im Rasten" Ruhe- pause einlegten.
 
Auch Béla IV. erwies sich als großzügiger Spender. Er verteilte Königsboden an treue Untertanen und belohnte auch die Städte für Treue und Ergebenheit. Freie Bauern, die unmittelbar dem König unterstanden, gab es damals nicht mehr. Grundbesitzer waren Adlige und Kirchenfürsten. Aber auch die Städte begnügten sich nicht mehr nur mit Handel und Ge- werbe. Auch sie gesellten sich zu den Grundherren, um ihre Macht zu vergrößern und billige Arbeitskräfte zu erwerben. Seit Ödenburg von König Ladislaus W. mit viel Privilegien zur Stadt erhoben wurde (1277), war sie königliche Freistadt. Sie nahm mit eigenen Abgeordneten an Landtagen teil und übte auch Gerichtsbarkeit über ihre Untertanen. Die Stadt blühte auf. Der stärkste Gewerbezweig war der Weinhandel. Ihren berühmten Wein exportierte sie bis Schlesien. Das nahm ein Ende, als Schlesien nicht mehr österreichische Provinz war, sondern an Preußen fiel (1750). Dr. Winkler hat in seiner Untersuchung "A cehek törtenete a XV.-XIX. szazadban", zu deutsch: Die Geschichte der Zünfte im XV.-XIX. Jhdt. festgestellt, dass in Ödenburg schon sehr früh Zünfte entstanden sind. Ihre zeitliche Entstehung hat er in folgender Reihenfolge aufgezeichnet:
 
Schuhmacher 1447, Schneider 1477, Kaufleute oder Krämer 1478, Mau- rer und Steinmetzen 1513, Fischer 1514, Weber und Leinweber 1524, Gerber und Lederer 1541, Schützen 1542, Zimmerleute 1543, Faßbinder 1566, Wagner 1577, Bäcker 1582, Schlosser 1580, Geschirrmacher, Riemer 1644, vorher noch Fleischhauer 1613, Kürschner 1614, Friseure (Barbiere) 1619, dann Weinbergarbeiter(Hauer) 1667, Seiler 1630, Tuchmacher 1678, Drechsler 1686, Sattler 1702.
 
Dieser Katalog ist der Beweis für das umfangreiche und florierende Gewerbe, das damals schon "goldenen Boden" hatte. Auch aus dem Deutschen Reich kamen viele Handwerksburschen auf ihren Wanderungen nach Ödenburg. Einer aus Erfurt hat sich im Jahre 1717 im Gästebuch mit folgendem Spruch verewigt:
 
"Gott im Herzen, tausend Dukaten im Beutel, die Liebste im Arm. Das erste machet selig, das Andre reich, das dritte so arm." (Wörtlich wiedergegeben.)
 
Die Stadt Ödenburg war zu dieser Zeit eine der reichsten Städte Ungarns. Ihr.. Grundvermögen betrug 121 Sessionen. Im Vergleich dazu: Das Komitat Ödenburg hatte 1279 Sessionen. Davon gehörten Graf Nidasd 389, der Kirche 94 1/2, dem König 90 und dem übrigen Adel 973 1/ Sessionen (1 Session entsprach im 18. Jhdt. etwa 40 Katastraljoch; 1 (waren 1600 Quadratklafter).
 
Die Einnahmen der Stadt sprudelten aus verschiedenen Quellen. Ein, davon waren die Einnahmen aus der Vergabe des Bürgerrechts. Es ist über liefert, dass z.B. von einem Andreas Wolf, der auch Richter in Harkau war im Jahre 1631 für das städtische Bürgerrecht 100 ungarische Taler verlang! wurden, neben anderen "Ablöse-Gebühren". Der Betrag wurde 1632 auf 100 Reichstaler ermäßigt, dennoch handelte es sich unter Berücksichtigung der damaligen Preise, um eine horrende Summe. Denn 1 Kalb kostete damals 1 Reichstaler (Schindler-Heimatbuch Harkau). Dr. Hazi, Archivar von Ödenburg, hat in seinem Buch "Ödenburger Familien von 1535 bis 1848" festgestellt, dass von den 12 116 Bürgern der Stadt 299 aus den Stadtdörfern eingebürgert wurden. An der Spitze lag Wandorf. Das mag auf die unmittelbare Nähe von Wandorf zurückzuführen sein, wohl aber auch auf die besonderen Beziehungen der Ödenburger Stadtväter zum Wandorfer Kloster. So schrieb 1841 Fényes Elek (ung.): "a harmadik mulatóhely, a wandorfi eltöröltetett paulinus kolostor volt, egy felséges erdös vidéken". Zu deutsch: der dritte Vergnügungsort (für die Ödenburger) war das ausgelöschte Wandorfer Pauliner Kloster, in einer majestätisch, waldigen Gegend.
 
Einige Historiker versuchten sogar den Namen unseres Dorfes aus seiner schönen Lage abzuleiten. So schrieb Elmar Schwarcz, daß der Ort früher "Wonnedorf" im Volksmund "Wundorf" genannt wurde. Auch Pesty Frigyes vertritt seinem Buch" Ungarns Ortsnamen aus geschichtlicher, geographischer und philosophischer Sicht" dieselbe Meinung. Doch diese Deutungen gehen an den Ursprungsnamen "Zuan" und dessen Abwandlungen vorbei. Abwegig ist auch die Meinung, dass der Ort seinen Namen von der in der Nähe befindlichen Felsmauer (Steinbruch) bzw. Felswand erhalten hat. Im Volksmund wurde der Steinbruch nie "Felswand" genannt, sondern eben schlicht "Steinbruch".
 
Die Verleihung des Ödenburger Bürgerrechts an ehemalige Bewohner der Stadtdörfer war für die Betroffenen zweifellos ein Aufstieg, der auch an Fleiß, Tüchtigkeit und guten Leumund gebunden war.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)