Grete Maar beschreibt in ihrer Geschichte Ödenburgs in Anlehnung an die Forschungen Zoltan Horvaths (In: Burgenländische Forschungen, Sonderband VII, 1984, S. 162–187) recht treffend:
„Ehen zwischen den Schweinehändlern waren häufig, aus geschäftlichen Gründen. Die Geschäfte konnten nur in Barzahlung abgewickelt werden. Eine hohe Mitgift stärkte das Familienkapital. Als Felix Pfeiffer Maria Baumgartner heiratete, brachte die Braut 100.000 Ft. in bar mit. So heirateten aus den erwähnten Familien sechs Personen Mitglieder ihrer Branche.

Nicht nur die erste Generation der Familien Bauer und Pfeifer waren erfolgreich. Die Söhne von Anton Bauer studierten in Leipzig und Ungarisch Altenburg, wurden Parlamentsabgeordnete, und 1903 geadelt. Vater und Söhne hatten Großgrundbesitz erworben. Güter zu erwerben und in den Adelsstand erhoben zu werden, gehörte auch zu den Ambitionen der Familie Pfeiffer. Die Schweinehändlerdynastien erweiterten ihren Verwandtschaftskreis auch durch Ehen mit Söhnen und Töchtern aus erfolgreichen Familien aus anderen Branchen oder gut verdienenden Intellektuellen. Anton Bauers Tochter Irma heiratete den Likör- und Essigfabrikanten Gustav Zettl. Konrad Patzenhofers Kinder (Zuckerfabrikanten) gingen Ehen mit Mitgliedern der Familie Bauer ein. Peter Pfeiffer heiratete in die Gewürzhändlerfamilie Hofer, die noch bis 1937 auf der Wiener Kärtnerstraße ein Kolonialwarengeschäft besaß. Peter Hofer und seine Schwester Amalia heirateten Anna Flandorfer bzw. Ignaz Flandorfer d. Älteren. Die Hofer stammten aus dem Kronland Venezien, der Name war eine Verdeutschung des italienischen Adelsnamens "de Corte". Der Urahn, ein Materialist, erhielt das Bürgerrecht von Ödenburg im Jahre 1750. Sein Urenkel Ignaz Flandorfer der Ältere war 1827 Äußerer Rat und gehörte mit Peter Hofer (seinem Cousin) als Spezereihändler in die erste Steuerklasse. Sein Sohn, der mit verschiedenen Waren Engros- und Detailhandel betrieb, baute das Geschäft weiter aus, die erträglichsten Einkünfte stammten aber aus dem Weinhandel, ähnlich auch bei den Familien Lenck und Ruß..." (42)Quelle/Hinweis:
Maar, G.: Einführung in die Geschichte der westungarischen Stadt Scarabantia – Ödenburg – Sopron. Edition Praesens, Wien 2000. S.152 f.

Ohne Zweifel war Ignaz Flandorfer eine der bedeutendsten Persönlichkeiten im Ödenburger Bürgertum des 19. Jahrhunderts. Grete Maar hat ihn mit Christoph Lackner verglichen. Sein Leben und seine Leistungen für die Stadt hat Zoltan Horvath 1994 und 1995 in der Ödenburger Rundschau (Soproni Szemle) beschrieben. Er entstammte der Ehe Ignaz Flandorfers d. Älteren mit Amalia Hofer. Neben den Handelsgeschäften, vor allem dem Weinhandel, erkannte Flandorfer schon früh die Bedeutung eines gut funktionierenden Banken- und Kreditwesens. Ein großes Problem für die vielen Handwerker und Gewerbetreibenden war ja, dass Kredite von den Geldverleihern nur zu Wucherzinsen zu bekommen waren. Flandorfer hatte den Ruf, Geld zu vernünftigen Zinsen zu verleihen und nicht gleich, wenn der Kreditnehmer zahlungsunfähig war, zur Zwangsversteigerung zu schreiten. 1843 stellte er zusammen mit Peter Hofer das Spar- und Kreditwesen auf eine neue Basis. Sie gründeten die äußerst erfolgreiche Ödenburger Sparkasse, die auch die Krise von 1873 überlebte. 1869 folgte die Erste Ödenburger Wechsler Stube und 1870 die Ödenburger Kreditbank.

Flandorfer erkannte auch schon früh die Bedeutung der Eisenbahn und gehörte zusammen mit Samuel Lenck, Mihaly Vage und Georg Daniel Tschurl zu jenem Konsortium, das 1845 die Ödenburg-Wiener Neustädter Eisenbahngesellschaft gründete. 1847 ging die Eisenbahn in Betrieb und veränderte den Wirtschaftsstandort Ödenburg nachhaltig. Auch an der Initiative zur Errichtung der Strecke Ödenburg – Nagykanisza war Flandorfer beteiligt. Flandorfer war auch der Initiator der Gasbeleuchtung in Ödenburg (1866) und an der Gründung der Schwimmschul AG beteiligt. Das gesellschaftliche Leben der Stadt erhielt mit dem Kasino einen neuen Mittelpunkt. 1843 entstand der Kasinoverein, an dem Flandorfer ebenfalls beteiligt war. Er rief zu einer Spendenaktion zur Gründung eines Heimes für alte oder verarmte Bürger auf. Das Heim wurde 1873 eröffnet. Flandorfer galt als habsburgtreuer und verlässlicher Bürger, so dass er in der Bach-Ära nach dem Scheitern der Revolution vom Statthaltereirat zum Stadtrat und zum Schulinspektor ernannt wurde. Er ließ einen Volksschulneubau durchführen und die Lehrergehälter erhöhen. 1872 übernahm er die Leitung der Gewerbe- und Handelskammer. 1882 wurde Ignaz Flandorfer vom König geadelt.

Bedeutendes leistete Flandorfer auch für den Weinbau, in einer Zeit, in der dieser immer mehr in eine Krise geriet. Er setzte schon früh auf gesteigerte Qualität und geschickte Vermarktung. Er exportierte den Ödenburger Wein nach Deutschland - trotz der immer höher werdenden Zollbarriere - und sogar nach Übersee. Schon 1880 wurde er k. k. Hoflieferant. Höhepunkt seines gesellschaftlichen Aufstieges war wohl der Besuch Kaiser Franz Josephs in den riesigen Kellereien Flandorfers in der Schattendorfer Straße im Jahre 1884. Flandorfer nahm mit seinen Weinen an den Weltausstellungen in Wien, Melbourne und Paris teil. 1891 starb er 75-jährig. Bei seinem Begräbnis standen angeblich die Bürger der Stadt von seiner Villa bis zum katholischen Friedhof Spalier.

Autor: Michael Floiger