Inzwischen gärte es auch politisch im ganzen Land. Nach der „Magnatenverschwörung“ wurde Ungarn absolutistisch regiert, von einem „Gubernium“. Das Amt des Palatins wurde abgeschafft. In Siebenbürgen und im Osten des Landes, wo sich immer mehr Glaubensflüchtlinge sammelten, begann Imre Thököly seinen Aufstand. Er rekrutierte aus entlassenen Grenzsoldaten eine Kuruzzenarmee und eroberte weite Gebiete Oberungarns. Kaiser bzw. König Leopold sah sich gezwungen, nach 19-jähriger Pause wieder den ungarischen Landtag ein zu berufen. Der Landtag trat am 21. April 1681 in Ödenburg zusammen, da in Preßburg die Pest noch nicht vollständig erloschen war (34)Quelle/Hinweis:
Bericht des hessisch-darmstädtischen Gesandten Justus Eberhard Passer an die Landgräfin Elisabeth Dorothea über die Vorgänge am kaiserlichen Hof und in Wien von 1680 bis 1683. Mitgeteilt von Dr. Ludwig Bauer In: Archiv für Österreichische Geschichte 37. Band ab S. 271. Sehr interessante Schilderung der Ereignisse in Ödenburg ab S. 310. Vollständiger Text im Internet (Google-Bücher).
. Die Liste der Beschwerden, die die evangelischen Stände vortrugen, war lang. Die katholische Ständemehrheit wollte die Religionsfrage überhaupt nicht behandeln und antwortete auf die protestantische Denkschrift mit Gegenvorwürfen.

König Leopold ging auf die Beschwerden der Evangelischen nicht ein. Erst als Thököly die Friedensverhandlungen abbrach und seine Scharen erneut vorrückten, war der König zum Nachgeben bereit. Er musste das Gubernium auflösen und in der Person Paul Esterházys wieder einen Palatin einsetzen. Esterházy war der Schwager Thökölys. Gegen die „Zugeständnisse“ an die Evangelischen hatte sich allerdings heftiger Widerstand geregt, vor allem Kammerpräsident Kollonits war dagegen. Die evangelischen Stände verließen schließlich den Landtag, Thököly griff wieder zu den Waffen und erst danach waren die katholischen Stände zu den erwähnten Zugeständnissen bereit.

Am 30. Dezember 1681 bestätigte Leopold die Beschlüsse. Pro Komitat durften in je zwei Orten Artikularkirchen eingerichtet werden, benannt nach den beiden Artikel XXV und XXVI der Landtagsbeschlüsse. Der erste der beiden Artikel sicherte zwar die im Wiener Frieden gewährte Glaubensfreiheit zu, allerdings "ohne Hintansetzung der Rechte der Grundherren". Im zweiten Artikel wurde den Protestanten die Rückgabe der Kirchen, die sie selbst gebaut hatten und die noch nicht römisch-katholisch geweiht waren, zugesichert – eine Zusage, die freilich bedeutungslos war, weil ja die weggenommenen Kirchen zumeist sofort geweiht wurden. Die wenigen „Artikularkirchen“ waren zumeist weit entfernt. Die Übergriffe gegen die Protestanten waren damit nicht zu Ende.

Leopold hielt sich ein halbes Jahr in Ödenburg auf, seine dritte Gemahlin, Eleonore, wurde in dieser Zeit zur ungarischen Königin gekrönt. Parallel zu den Auseinandersetzungen am Landtag kam es auch in der Stadt zu heftigen Streitigkeiten um das Bürgermeisteramt. Der Streit endete schließlich mit einem Kompromiss: Bürgermeister und Stadtrichter fielen je an einen Katholiken oder Protestanten und es wurde jährlich gewechselt. Erster katholischer Bürgermeister der Stadt wurde Matthias Preiner. Dieser stammte aus einer Lackenbacher Kleinadelsfamilie, hatte in Ödenburg das Jesuitenkolleg absolviert und in Wien die Rechte studiert. Er wurde von Kollonits nach Ödenburg gerufen und auf Druck des Bischofs zum Bürgermeister gewählt.

Autor: Michael Floiger