abb13In der Zeit nach dem Wiener Frieden und in den Wirren des Bethlen – Aufstandes spielte eine Person eine besonders wichtige und dominierende Rolle: Christoph Lackner. Grete Maar würdigt ihn treffend und keineswegs übertrieben mit folgenden Worten: „Dr. Christoph Lackner ist der große Sohn unserer Stadt in dieser harten Zeit, ein tapferer Soldat, Diplomat mit Weitblick und Gespür für die Notwendigkeit des Augenblicks, Dichter und Jurist, begeisterter Bekenner seines evangelischen Glaubens und trotzdem großmütig gegenüber Katholiken. Obwohl er die schweren Jahre der Verfolgung unter den Erzherzögen Ernst und Matthias in seiner Jugend miterlebt hatte, war er stets auf Habsburgs Seite, weil er als Realpolitiker die Befreiung von den Türken nur von dort erhoffte.“ (28)Quelle/Hinweis:
Maar, G.: Einführung in die Geschichte der westungarischen Stadt Scarabantia – Ödenburg – Sopron. Edition Praesens, Wien 2000. S. 91.
Lackner (29)Quelle/Hinweis:
Die Familie Lackners stammte aus Bayern. Der Großvater war Goldschmied aus Tutmaningen und hatte seine Lehrzeit in Wien absolviert. Dessen Sohn Adam Lackner ließ sich - ebenfalls als Goldschmied - 1568 in Ödenburg nieder und erhielt das Bürgerrecht. Er war mit Barbara Schiffer aus Aspang verheiratet. Mit ihr hatte er seinen einzigen Sohn Christoph, der am 19. November 1571 geboren wurde. Barbara starb allerdings schon früh und Christoph Lackner wurde von seiner Stiefmutter sorgfältig erzogen. Es war dies Anna, die gebildete und kultivierte Tochter des Eisenstädter Pfarrers Stephan Consul.
besuchte kurz die berühmte evangelische Schule in Tschapring (Csepreg) und hielt sich vorübergehend in Mähren und Schlesien auf. Er kehrte immer wieder in seine Heimatstadt zurück und lernte das Goldschmiedehandwerk.


1571 ging er nach Graz, wo er die berühmte Hochschule der evangelischen Stände besuchte. Er wurde Erzieher im Hause des Hauptmarschalls Wolfgang Saurau, mit dessen Sohn er 1595 an die Universität von Padua wechselte. Dort erwarb Lackner das juridische Doktordiplom. Er blieb noch weitere vier Jahre in Italien und inskribierte an den Universitäten von Bologna und Siena. Nach seiner Rückkehr aus Italien heiratete er Ursula, die Witwe des früheren Bürgermeisters Johann Töltl, eine geborene Gurthner. Lackner begann, im Arkadenhof des Lackner-Hauses auf dem Hauptplatz (das heutige Generalshaus) Predigten zu halten. 1599 wurde er, obwohl erst 28 Jahre alt, in den Inneren Rat berufen und 1600 von König Rudolf geadelt. 1603 war er Richter. Ein steiler Aufstieg also, und dies trotz des schweren Konflikts mit dem Raaber Bischof, der natürlich von den Predigten Lackners erfahren hatte. Bischof Pethe verhöhnte Lackner als den „schönen Doktor“ und zitierte ihn zwei Mal in seinen Sommersitz nach Kroisbach, wegen seiner Predigten und auch weil er den Deutschkreutzer evangelischen Pfarrer nach Ödenburg eingeladen hatte. 1602 wurde Lackner zusammen mit dem Bürgermeister Johann Pucher und dem Stadtschreiber Dobner vor Erzherzog Matthias nach Wien vorgeladen. Sie traten die Reise mit einem kleinen Geschenk, einem Fass „Ödenburger“ mit 16 Eimern Wein Inhalt, an. Es wird seine Wirkung nicht verfehlt haben.

abb121604 gründete Lackner den Foedus Studiosorum, die erste literarisch-gelehrte Gesellschaft Ungarns, eine Art Literatenzunft, der Adelige aus der Stadt, viele Geistliche, Angehörige des Stadtrates aber auch der Wiener Hofgesellschaft angehörten. In den Statuten hatte man sich die Abhaltung literarischer Geselligkeit und den Aufbau einer Bibliothek zum Ziel gesetzt. Jedes neue Mitglied musste mindestens einen Golddukaten und ein wertvolles Buch in die Gesellschaft einbringen. Jedes Jahr gab es – nach dem Vorbild der deutschen Dichterbünde – eine Dichterkrönung mit einem „Bundeskränzlein“. (30)Quelle/Hinweis:
Maar, G.: Einführung in die Geschichte der westungarischen Stadt Scarabantia – Ödenburg – Sopron. Edition Praesens, Wien 2000. S. 92.
Neben Lackner gab es in der Stadt zahlreiche weitere Persönlichkeiten, die eine hervorragende humanistische Bildung und einen akademischen Grad an einer deutschen Universität erworben hatten. Erwähnt seien etwa die Angehörigen der Familie Artner, die in Tübingen studierte. Eberhard Artner, der seinem Bruder Sebald nach Tübingen folgte, war Doktor der Rechte und nach seiner Rückkehr Stadtnotar, später Richter und Bürgermeister. Er besaß eine hervorragend ausgestattete Bibliothek. Sein Neffe Wilhelm Artner war ebenfalls Doktor der Rechte, auch er wurde mehrmals zum Bürgermeister gewählt.
Nach dem Wiener Frieden konnte auch das evangelische Schulwesen wieder aufgebaut werden. Auch dabei war Lackner besonders aktiv beteiligt. Die traditionsreiche Lateinschule entstand wieder, ihr erster Rektor war Stephan Frank aus Eisenach, gefolgt vom Regensburger Christoph Schwanshofer. Unter ihm unterrichteten bereits vier Lehrer 50 Lateinschüler. Sie wurden von Hilfslehrern, vermutlich älteren Schülern, unterstützt, die besonders beim Chorgesang eingesetzt wurden. Schwanshofer und dessen Nachfolger Hausmann und Fröhlich blieben nur zwei Jahre. Erst der nächste Rektor, Johann Klokovius, blieb von 1612 bis 1624 an der Schule. 1629 kehrte Schwansdorfer, von der Gegenreformation in Bayern vertrieben, nach Ödenburg zurück. Sein Anstellungsgesuch unterschrieb er als „Magister Christoph Schwanshofer, Gymnasii Director“. Falls sich dieser Titel bereits auf seine Ödenburger Funktion bezieht darf man die Lateinschule ab dieser Zeit als Gymnasium bezeichnen. Schon 1621 ließ sich der Stadtrat von Gábor Bethlen die Verwendung von kirchlichen Pfründen für die Errichtung eines Gymnasiums genehmigen. 1633 hatte das Gymnasium bereits eine große Zahl an Schülern. Unterrichtssprache war neben Latein natürlich Deutsch. So wie in der damaligen Zeit üblich wurden am Gymnasium lehrhafte Schauspiele aufgeführt. Christoph Lackner griff auf Wunsch der Lehrer persönlich zur Feder und verfasste drei Schuldramen in lateinischer Sprache, darunter „Curia Regia seu Consultatio Paterna“ (Die Fürsorge des Königs oder Die väterliche Beratung). Das Drama wurde 1616 in Kaschau herausgegeben. Das Stück wurde im Rathaussaal vor großem Publikum von den Schülern des Gymnasiums aufgeführt.
Christoph Lackner bekleidete immer wieder die höchsten Ämter der Stadt. 1603 war er Stadtrichter, 1605 führte er als Kapitän das städtische Aufgebot gegen die Kuruzzen. Nach 1613 war er vier Mal , insgesamt 14 Jahre lang, Bürgermeister. Er vertrat die königliche Freistadt auch auf den Landtagen. Das Kuruzzenjahr 1605 hatte die Schutzlosigkeit der Vorstädte gezeigt, die von den Angreifern niedergebrannt wurden. Lackner ließ nicht nur die schwer beschädigten Mauern um die Innenstadt erneuern, er ließ auch eine Steinmauer mit Bastionen und Graben um die Vorstädte errichten. Der künstlerisch begabte Lackner unternahm auch viel für die Verschönerung der Stadt. Auf dem Stadtturm (Feuerturm) ließ er das Stadtwappen anbringen und den Spruch "Turris et fortitudo mea Deus" (Gott ist mein Turm und meine Festung). Die Räume des Rathauses wurden in venezianischer Manier ausgemalt.
 
Autor: Michael Floiger