Die städtischen Amtsträger wurden nicht bezahlt. Bürgermeister, Richter und Ratsherren des Inneren Rates waren aber von Steuern befreit, die Mitglieder des äußeren Rates bekamen eine Steuerminderung und erhielten Zuwendungen von Naturalien wie etwa Holz und Wein.

 

Die wirtschaftliche Situation der Stadt war stark durch den Weinbau bestimmt. Wenn man den Weinzehent und den Getreidezehent als Maßstab heranzieht, übertraf der Ertrag des Weinbaues den des Getreidebaues um das Dreifache (Maar, S. 50). Der Wein wurde größtenteils über die „Obere Straße“, also über Preßburg, nach Schlesien und Polen verkauft. Schwieriger war die Ausfuhr über Wr. Neustadt nach Österreich, da die österreichischen Herrscher und Stände den Import von Ungarwein immer wieder behinderten. Möglich war allerdings die Ausfuhr von Wein, der in den Weingärten österreichischer Besitzer in Ungarn geerntet wurde. Das hatte zur Folge, dass vor allem Wiener Neustädter Bürger zahlreiche Weingärten im Grenzgebiet kauften. Der Stadtrat von Ödenburg sah diese Entwicklung nicht gerne und verbot seinerseits die Bearbeitung dieser Weingärten. (17)Quelle/Hinweis:
Karl Mollay, Az 1528 évi soproni bordézsmajegyzék = Das Ödenburger Weinzehentregister von 1528. In: SSz.1992, S. 106 ff.
Begünstigt wurde hingegen die Einfuhr von Fleisch und Vieh aus Ungarn. Zwar ging der Großteil dieses Viehhandels über die Parndorfer Platte und Bruck, aber auch Ödenburg, Ödenburger Viehhändler und Fleischhacker profitierten davon. Die Ödenburger Viehhändler bekamen freien Transport nach Wiener Neustadt zugesichert.

 

Ödenburg war natürlich ein wichtiger Marktplatz zwischen Leitha und Raab. Der erste Jahrmarkt wurde der Stadt 1344 von König Ludwig I. gewährt. Er fand jeweils 8 Tage vor bis 8 Tage nach Margareta (20. Juli) statt und war mit Steuerfreiheit für Importe und Exporte verbunden. 1371 kam ein zweiter Jahrmarkt vor und nach Elisabeth (5. November) hinzu. 1402 erhielt Ödenburg von König Sigismund das Stapelrecht. Alle Waren, die über Ödenburg gingen, mussten dort auch zum Verkauf angeboten werden. Fünf Jahre später verlor Ödenburg dieses Recht allerdings an Güns, das damit die Möglichkeit hatte, den Weinexport von Tschapring und Rechnitz an sich zu ziehen.

 

Verglichen mit den Städten Mittel- und Westeuropas, etwa mit den süddeutschen Städten, spielte der Handel für die Ödenburger Bürgerschaft eine eher untergeordnete Rolle – eine Tatsache, die sich langsfristig sehr negativ auswirken sollte. Selbst der Handel mit dem Ödenburger Wein war größtenteils in Händen schlesischer Kaufleute. Betrachtet man die soziale Gruppe der Händler und Kaufleute in der Stadt, so fällt zunächst auf, dass sie neben dem Grund besitzenden Patriziat und der großen Gruppe der wohlhabenden Weinbauern zahlenmäßig unterrepräsentiert ist. Schon in der Konskription von 1379 wurden drei Kategorien von Handelstreibenden unterschieden: Kaufmänner oder Kaufleut waren die Großkaufleute, die über ein eigenes Warenlager, ein „Gewölb“, verfügten. Die Kramer bauten ihren „Kram“ auf dem Hauptplatz, vor der Franziskanerkirche auf. Die Ladner schließlich verkauften ihre Waren in den Einfahrten der Häuser. Auch nach Warengruppen unterschieden sich die einzelnen Kaufleute. Mit hochwertigen Importwaren wie etwa kostbaren Stoffen oder Gewürzen handelten die Kaufleut. Die „Fragner“ hingegen betrieben einen Kleinhandel mit Obst, Gemüse und Geflügel. Die Kaufleute waren, so wie in anderen Städten des Spätmittelalters, in Zechen und Bruderschaften zusammengeschlossen. 1379 bis 1403 gab es die Zeche der Kaufleute und Kramer sowie die „pruderschafft der czwelfpoten czech“. Diese hatte einen eigenen Flügelaltar in der Michaelerkirche.(18)Quelle/Hinweis:
Maar, G.: Einführung in die Geschichte der westungarischen Stadt Scarabantia – Ödenburg – Sopron. Edition Praesens, Wien 2000. S. 53.

 

Einige hervorragende Vertreter der Ödenburger Kaufmannschaft im Spätmittelalter waren Steffan Stichenwinckel und Paul Moritz. Stichenwinckel war mit der Wiener Kaufmannschaft auch verwandtschaftlich verbunden, so wie das Ödenburger Patriziat sich seine Ehefrauen damals recht häufig aus Wien holte. Stichenwinckels Schwiegersohn war der Wiener Michael Mänscheyn, der Besitzer jenes Hauses in den Tuchlauben, in dem 1979 die berühmten „Neidhart-Fresken“ entdeckt wurden. (19)Quelle/Hinweis:
Testament Stichenwinckels vom 13. September 1403; Karl Molay, Kerskedök, Kalmárok, árasok = Großhändler, Einzelhändler, Ladner. SSz. 1991, S. 1–32).
So wie in Wiener Neustadt die Geschäftsbücher der Großkaufmannsfamilie Funk erhalten blieben und uns heute einen überaus wertvollen Einblick in das Wirtschaftsleben im ausgehenden Mittelalter auch in Westungarn geben, so ist in Ödenburg das Geschäftsbuch des Kramers Paul Moritz erhalten. (20)Quelle/Hinweis:
Molay, Karl: Das Geschäftsbuch des Krämers Paul Moritz 1520-29, Sopron 1994.
Moritz ist auch für die Ödenburger Kirchengeschichte wichtig, denn er gehörte zu den ersten Anhängern der lutherischen Lehre.

 

Die Ödenburger Juden bewohnten bis zu ihrer Vertreibung aus der Stadt die Judengasse, deren Häuser um 1440 ganz in ihrem Besitz waren. Dort befanden sich auch die beiden Synagogen.