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Die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn

Autor(en):
Andreas Schindler (†)
Erscheinungsjahr:
1987

Bezugsquelle:
Privatdruck

Buch ist leider vergriffen 

Der Inhalt des Buches ist allerdings komplett auf dieser Homepage wiedergegeben. Die Inhalte sind in der Rubrik "Harkau" zu finden.

 

Vorwort

Über 40 Jahre sind vergangen, seit man uns aus unserer angestammten Heimat vertrieben hat. Unsere Landsleute wurden zerstreut in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich angesiedelt. Manche zog es fort aus Europa. Sie suchten eine neue Heimat in Amerika. Aber uns alle eint die Erinnerung an die uns so liebe, teure Heimat. "Was man liebt, möchte man inniger kennenlernen, und was man besser kennen lernt, lernt man inniger lieben". Da wir unsere unvergeßliche Heimat auch heute noch lieben, möchten wir ihre Vergangenheit, ihre Geschichte, ihre Menschen noch besser kennen lernen. Diese Liebe zur angestammten Heimat hat mich und viele meiner Harkauer Landsleute angespornt, noch mehr über unsere verlorene Heimat zu erfahren. Darum entschloß ich mich, die Geschichte meiner Heimatgemeinde zu schreiben.

Der zweite Grund, warum ich die Geschichte Harkaus niederschreibe, ist der, daß wir, hauptsächlich aber unsere Kinder und Kindeskinder nicht vergessen, woher ihre Vorfahren kamen. Ihre Vorfahren, die Jahrhunderte, ja ein Jahrtausend am Rande des deutschen Sprachgebietes, zwar meist unter ungarischer Herrschaft, aber meist unter deutschen Herrschern deutsch dachten, deutsch redeten und deutsch fühlten. Die mit deutschem Fleiß ihr so oft verwüstetes Dorf immer wieder neu aufbauten, die letztlich wegen ihres Festhaltens an ihrem Deutschtum am ende des Zweiten Weltkrieges aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurden.

Wenn man sich entschließt, die Geschichte eines Dorfes zu schreiben, und dazu noch die Geschichte seines Heimatdorfes, so muß man sich überlegen, für wen sie geschrieben wird. Sie muß volkstümlich, für jedermann verständlich geschrieben werden. Andererseits muß sie auch den wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen. Denn die Geschichte soll die Wahrheit darlegen. Darum habe ich über 20 Jahre einen Teil meiner Ferien dazu verwendet, im reichen Archiv der Stadt Ödenburg (Sopron) unzählige Urkunden, Original-Dokumente durchforscht, damit ich bei der Darstellung der Geschichte Harkaus der Wahrheit ganz nahe komme. ich glaube, die Geschichte unseres Heimatdorfes muß spätestens von uns jetzt geschrieben werden, denn vielleicht sind wir die letzte Generation, die - trotz der großen Entfernung von 700-1000 km - mit jeder Faser ihres Herzens an der angestammten Heimat in Westungarn hängt und die es immer und immer wieder in die alte Heimat zieht. - Beim Schreiben der Geschichte Harkaus mußte ich natürlich oft auch auf Werke anderer Verfasser zurückgreifen. Ich habe sie aber nie "blindlings" abgeschrieben, sondern ich habe stets geprüft, sie mit anderen Büchern derselben Themengruppe verglichen und erst dann dieses oder jenes Geschehen als Tatsache in mein Buch aufgenommen. Ich stoße mich immer wieder daran, wenn Autoren irgend eine Behauptung eines anderen Autoren - einfach ohne jegliche Prüfung des Sachverhaltes - übernehmen, auch wenn diese Behauptung nicht beweisbar ist. So wird in einem Heftchen über die Geschichte der Gemeinde Wolfs behauptet, daß zu dieser Zeit (16. Jahrhundert!) die Bevölkerung von Wolfs schon vollständig "germanisiert" (elnémetesitett) war. Das würde ja bedeuten, daß die Bevölkerung der Gemeinde vorher nicht deutsch war. Dies zu beweisen bleibt der Schreiber seinen Lesern schuldig.

Wenn ich die Geschichte Harkaus beschreibe, dann konzentriere ich mich selbstverständlich auf die Geschichte eines Dorfes. Aber es ist unvermeidlich, auch auf die Geschichte des Landes kurz einzugehen, die größeren Zusammenhänge aufzuzeigen. Aus diesem Grunde mußte ich oft auch die Geschichte Ungarns, auch des Nachbarlandes Österreich, berücksichtigen, in einigen Strichen skizzieren. Dabei denke ich an die Darstellung der Kriege Bocskays und Bethlens, unter denen Harkau besonders zu leiden hatte, oder aber auf die Belagerung Wiens. Daß ich immer wieder auf die Geschichte Ödenburgs zurückgreifen muß, hat seinen Grund nicht nur darin, daß Harkau so nahe bei Ödenburg liegt und über die Geschichte Ödenburgs bedeutend mehr Unterlagen, Dokumente vorhanden sind, sondern daß Harkaus Geschick Jahrhunderte lang mit dem Geschick Ödenburgs aufs engste verbunden war, da Harkau "Eigentum" der Stadt war. Daraus ergibt sich allerdings auch, daß vieles, was Harkau betrifft, auch für die anderen "Stadtdörfer", für Agendorf, Wandorf, Wolfs, Mörbisch, Loipersbach seine Gültigkeit hat. Auch in vielen Statistiken wurden diese Gemeinden zum Vergleich einbezogen. Insofern ist in diesem Buch auch viel über die Geschichte, die Entwicklung der anderen "Stadtdörfer" enthalten, so daß ich mir vorstellen kann, daß viele Landsleute aus der näheren Umgebung auch viel Interessantes über ihr Heimatdorf, auch über die Geschichte der Stadt selbst, in diesem "Harkauerbuch" finden.

Wenn ich bei den verschiedenen Abschnitten so viele Familiennamen aus der Geschichte Harkaus anführe, so hat das zwei Gründe. 1. Wird es nach menschlichem Ermessen die letzte Veröffentlichung der Namen der Harkauer Bevölkerung sein, und 2. Sollen meine Harkauer Landsleute und Leser sich freuen, daß ihre Familiennamen - väterlicher- und mütterlicherseits - schon Jahrhunderte in Harkau geführt wurden und ihre Träger womöglich eine wichtige Rolle im Gemeindeleben spielten. Wie ich bereits angedeutet habe, hat mir "die Liebe zur Heimat" vieles diktiert Das bedeutet aber nicht, daß ich die Augen verschlossen hätte, um das Negative nicht zu sehen, dies etwa zu verschweigen. Wir wollen uns nicht nur "an die Fleischtöpfe Ägyptens" erinnern, sondern ich will auch die schweren Heimsuchungen unserer Vorfahren, auch ihre Fehlentscheidungen aufzeigen. In Dankbarkeit erinnere ich mich der Hilfen, die mir von den verschiedenen Seiten zuteil wurden. So danke ich, daß mir in dem reichhaltigen Archiv der Stadt Ödenburg/Sopron Jahr für Jahr die Forschung über Harkau ungehindert gewährt wurde. Ebenso danke ich dem verstorbenen evangelischen Pfarrer Ladislaus Gosztola und seiner Frau, sowie dem gewesenen katholischen Pfarrer in Harkau, Franz Erdész, daß ich in den bei ihren Pfarrämtern aufbewahrten Matrikelbüchern und Kirchengemeinde-protokollen ungehindert so intensiv forschen konnte.

Vieles in diesem Buch hätte trotz felißigen Forschens meinerseits nicht niedergeschrieben werden können, wäre lückenhaft geblieben, wenn ich nicht treue Helfer unter den noch lebenden Landsleuten gehabt hätte, die mir bei vielen Fragen Auskunft, bei der Zusammenstellung der Listen geholfen hätten. Besonderer Dank gilt unseren Landsleuten: Oskar Trackl und seiner Frau Theresia, geb. Eckel, Wetter, und seiner Schwester Irma Kappel, Bürglen, Eta Prückler-Poch, USA, Gottlieb Sturtz, Ilvesheim, Lehrer Schwahofer, Marburg, Hans Kogler, Wetter, Emmerich Gritsch Egelsbach, Emilie Nau, geb. Kappel (Märth), Großseelheim, Martina Weber, Mannheim-Freudenheim und vielen anderen Landsleuten. Ebenso danke ich meiner Tochter und meinem Schwiegersohn Beate und Klaus Becker für das Korrekturlesen.

Besonderen Dank sage ich meiner lieben Frau, die ja auch aus unserer Heimat, aus Ödenburg stammt, für ihr "geduldiges Ausharren" in den Urlaubstagen, während ich so viel Zeit in den Archiven und auf den Pfarrämtern verbrachte. Ich danke ihr, daß sie mir bei manchen Rückschlägen Mut machte, dieses Denkmal unserer unvergessenen Heimat doch fertigzustellen und herauszugeben.

Dieses Buch ist "gegen" niemanden gerichtet! Weder gegen die Magyaren noch gegen Andersgläubige. Wir haben viele Bekannte, Freunde und Verwandte unter ihnen, die wir nicht beleidigen, kränken oder zurückstoßen möchten. Wir wollen mit jedermann in Frieden leben, denn nur in Frieden unter den Völkern, unter den Konfessionen, unter Dörfern, in Frieden unter den einzelnen Menschen können wir in Zukunft leben und einen noch folgenschwereren Krieg verhindern, als die beiden letzten waren.

Dieses Buch ist "für" meine Landsleute und ihre Nachkommen geschrieben. Es soll uns die Wurzeln aufzeigen, aus denen wir gewachsen sind, aus denen wir so geworden sind, wie wir sind. Es soll uns aufzeigen, daß wir uns unserer Vorfahren, die am Rand der deutschen Sprachgrenze, in Westungarn lebten, nicht zu schämen brauchen. Aus der Geschichte Harkaus können und sollen wir auch ersehen, daß wir mit Gottvertrauen die schwersten und schwierigsten Zeiten überwinden können, so wie es unsere Vorfahren auch getan haben. Wenn ich unsere Ahnen während und nach so vielen "Schicksalsschlägen" als Vorbild hingestellt habe, dann können wir uns auch darauf besinnen, daß auch unsere Generation - getreu unserem Ahnenerbe, bewußt oder unbewußt - in ihren Fußstapfen gewandelt ist .Denn auch unserer Generation blieben die schweren "Schicksalsschläge" nicht erspart. Auch wir haben uns - wie unsere Ahnen - ein neues Zuhause aufgebaut. Nur mit dem einen Unterschied: Die Heimat ist ihnen stets geblieben. Uns aber wurde auch sie genommen. Wir mußten den Wanderstab ergreifen und in der Fremde uns ein "neues Zuhause" schaffen.

Möge das vorliegende Buch bei meinen Landsleuten aus der engeren und weiteren Umgebung - und ihren Nachkommen mit der Liebe aufgenommen werden, mit welcher ich es geschrieben habe.

Sinsheim, im Herbst 1986

Andreas Schindler