Jubiläumsausfahrt nach Mörbisch-Wandorf
07.09.-10.09.2007

Im Sommer 2007 bekamen die in Deutschland lebenden Wandorfer eine Einladung zur Teilnahme am "120. Wandorfer Kiritog" von der evangelischen Kirchengemeinde Wandorf, über die man sich in Deutschland sehr gefreut hat. Bei dieser Gelegenheit sollte auch die instandgesetzte Turmuhr mit Glockenwerk eingeweiht werden.

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Alfred Schwenk, Wolfgang Holzmann und Ludwig Müllner haben sich zusammengetan und den Versuch gewagt, zwei Busse zu organisieren, die zum Kiritog nach Wandorf fahren sollten - einer aus Mosbach und einer aus Schwäbisch Gmünd.

Anfangs war man etwas skeptisch, ob sich noch so viele Teilnehmer finden würden, dass man die Busse voll bekäme - da hatte man aber die Ex-Wandorfer unterschätzt - denn schon sehr schnell war der erste Bus (Mosbach) voll ausgebucht. Insgesamt haben sich dann 88 Personen, die teilweise auch von weiter entfernten Städten Deutschlands angereist waren, angemeldet und fuhren gemeinsam am 7. September um 6 Uhr in bester Laune und freudiger Erwartung in Richtung Wandorf.

Gegen Abend kamen die Reisenden in Mörbisch bei der Pension "Haus Kranixfeld-Fischl" an, wo sie schon herzlich erwartet wurden. Der Empfang in Mörbisch war besonders herzlich, zusammen mit der guten Bewirtung waren dann die Strapazen der anstrengenden Busfahrt schnell vergessen. Jedoch war der wunderbare Empfang nicht die einzige Überraschung, die die Reisegruppe erwartete, nachdem alle ihre Quartiere bezogen hatten, hieß es "fertigmachen für einen Empfang um 20 Uhr beim Mörbischer Bürgermeister, Peter Vargyas". Die Wandorfer wurden mit einem Abendessen und Musik verwöhnt - als Dankeschön dafür, dass sie schon seit 1957, also seit nunmehr 50 Jahren, nach Mörbisch kommen und dort ihre Urlaubstage verbringen - natürlich immer in Kombination mit dem "Heimatbesuch" in Wandorf. Der Abend in Mörbisch war wunderschön und sehr harmonisch und zog sich bis Mitternacht hin - auch an dieser Stelle noch einmal unseren herzlichen Dank an die Gemeinde Mörbisch!

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Am nächsten Tag fuhr der Mosbacher Bus dann über die Grenze nach Ungarn, machte einen Zwischenstop in Ödenburg (Sopron) wo die Reisenden Gelegenheit zum Einkaufen bekamen. Der Nachmittag war dann zur freien Verfügung, konnte für Verwandtenbesuche genutzt werden oder für einen Bummel durch die alte Heimat.

Gegen 17 Uhr fuhr der Bus dann wieder über die Grenze zurück nach Mörbisch, dort war für 19 Uhr ein gemeinsames Abendessen im Cafe Sommer geplant - was dann ein sehr gemütlicher Abend und ein schöner Ausklang für den Tag war. Sehr zum Gelingen dieses Abends beigetragen haben Hans Kappel und das Ehepaar Lang mit ihren Liedbeiträgen - unser aller Dank ist ihnen sicher!

Auch der Schwäbisch Gmünder Bus fuhr kurz über die Grenze nach Wandorf, fuhr aber anschliessend wieder zurück ins Burgenland zu einer Seerundreise. In Halbthurn kehrten sie bei Franz Thury zum Mittagessen ein.

Am Sonntag, dem 9. September brach dann der Tag an, an dem das Highlight unserer Reise stattfinden sollte - der Besuch des Kiritogs in Wandorf mit Einweihung der Turmuhr und dem Glockenwerk. Beide Busse - der Mosbacher Bus und der Bus aus Schwäbisch Gmünd - brachen auf gen Wandorf, wo um 9 Uhr auf dem Friedhof eine Gedenkfeier für die Verstorbenen durch Pfarrer Szilárd Wagner stattfand, untermalt wurde die Feier durch ein Bläserquartett. 

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Eine sehr eigentümlich Stimmung verbreitete das Wetter zu dieser Stunde - bei strahlendem Sonnenschein fiel plötzlich Nieselregen und es bildete sich ein wunderschöner Regenbogen über dem Wandorfer Friedhof - ob uns da jemand ein Zeichen hat geben wollen?

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Nach dieser ergreifenden Gedenkstunde sind die Teilnehmer dann gemeinsam zum Festzelt nach Wandorf gegangen, wo diverse Festreden gehalten wurden, u. a. von Schuldirektor Balázs Tölli, dem evangelischen Pfarrer Balázs Mesterházy sowie dem katholischen Pfarrer Német. Leider hat sich kein Übersetzer gefunden, so dass unsere Ex-Wandorfer zum größten Teil Probleme hatten, die Reden zu verstehen.

Weiter ging es dann um 10:30 Uhr mit einem Gottesdienst in der evangelischen Kirche, wo die feierliche Einweihung der Turmuhr stattfand. Dieser Gottesdienst fand zweisprachig statt, worüber sich die Reisegruppe sehr gefreut hat - danke dafür an die Organisatoren. 

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Herr Sándor Gabnai Senior Dekan übernahm den ungarischen Teil der Predigt, Herr Volker Menke, evangelische Pfarrer aus Sorpon, war für den deutschen Teil zuständig.

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Zum Schluß sprach Alfred Schwenk dann noch sehr ergreifende Worte: 

Sehr geehrte Geistlichkeit,
verehrte Gäste,
liebe Landsleute,

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als erstes möchte ich mich auch im Namen der von weither angereisten Wandorfer bei der Kirchenleitung für die Einladung zum heutigen Jubiläumsfest herzlich bedanken.

Wir sind gerne gekommen um bei Ihnen, und mit Ihnen, dieses Fest zu feiern.

Am 11 September 1887 wurde hier in Wandorf der Glockenturm und der Betsaal der evangelischen Kirche eingeweiht.

120 Jahre sind seither vergangen - heute feiern wir dieses Jubiläum. An sich kein rundes Jubiläum wie z. B. 50, 75 oder 100 Jahre, und trotzdem was ganz Besonderes:

Teilt man nämlich diese 120 Jahre in zwei x 60 Jahre, so ergibt sich für uns heute angereiste Wandorfer folgende Situation:

60 Jahre mit Wandorf als Heimat und
60 Jahre ohne Wandorf als Heimatort.

Im Psalm vom guten Hirten heißt es Anfangs: "der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zu frischem Wasser".

Das trifft auf die ersten 60 der vergangenen 120 Jahre zu. Wir hatten einen Hirten und wir hatten ein Zuhause. Wir Wandorfer galten nicht als begütert, aber wir waren trotzdem reich, denn wir hatten eine Heimat.

Und nun komme ich zum zweiten Teil des Psalms vom guten Hirten "und ob ich auch wanderte durchs finstere Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir…..".

Ja wir, die wir unsere Heimat verlassen mussten, wanderten auch durch ein finsteres Tal. Statt auf grüne Auen trafen wir auf graue Ruinen, statt Haus und Hof warteten Baracken und andere Notquartiere auf uns. Wir waren froh, ein Dach über dem Kopf zu haben. Wir gingen, d. h. wir mussten ohne weltlichen Hirten gehen; aber unser Herrgott, der große Hirte, war bei uns.

Heute, 60 Jahre nach dem Marsch durch das finstere Tal der Nachkriegszeit, können wir mit Freude und Dankbarkeit feststellen, wir haben in Deutschland wieder Wurzeln geschlagen und eine neue Heimat gefunden. Grund genug, dem deutschen Volk und unserem Herrgott dankbar zu sein.

Heimat ist dort, wo man sich wohl fühlt - Heimat bedeutet Reichtum für die Seele

So gesehen sind wir, die einstmals vertriebenen Heimatlosen heute reich. Denn wir haben neben unserer neuen Heimat in der wir uns geborgen und wohl fühlen, auch noch diese, unsere alte Heimat, in die wir als Besucher immer wieder gerne kommen, weil wir das Gefühl haben, hier als Gäste willkommen zu sein.

Möge aus einem friedlichen Nebeneinander unserer Nationen zukünftig immer mehr ein freundschaftliches Miteinander werden!

Das sollten wir alle uns von Herzen wünschen und daran arbeiten.

Zum Schluss noch ein Satz, den ich als kleiner Junge gelernt habe:

"Isten, áldd meg a magyart"
(Gott segne die Ungarn)

Gegen 13 Uhr musste die Reisegruppe dann in Richtung Agendorf aufbrechen, wo ein gemeinsames Mittagessen im Hotel Vadvirág vorgesehen war. Zurück nach Wandorf ging es dann um 15 Uhr, wo ein kleiner Festumzug stattfand, an dem die Reisegruppe teilnahm. Der Weg des Umzuges führte vorbei an der ehemaligen evangelischen Schule, die ursprünglich einen Glockenturm und einen Betsaal hatte, der heute dort so nicht mehr existiert. Die ev. Kirche wurde an eine andere Stelle in Wandorf verlegt und so wurde im Jahr 1968. der Glockenturm abgetragen und an der katholischen Schule wieder aufgebaut. Die heutige evangelische Kirche befindet sich nun also in der ehemaligen katholischen Schule. 

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Zur Erinnerung an den abgetragenen Glockenturm befindet sich an dieser Stelle eine Gedenktafel und der Festumzug hielt an eben dieser Tafel inne, um dort einen Kranz niederzulegen.

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Nach einer kurzen andächtigen Pause ging der Festumzug dann weiter zum Festzelt, wo verschiedene Ansprachen gehalten wurden von:

  • Tamás Fodor, Bürgermeister von Sopron
  • Mátjás Ferstl, Abgeordneter
  • Rita Barilitsch, Schuldirektorin in Wandorf
  • András Krisch, Deutsche Selbstverwaltung in Ungarn

Einen besonderen Applaus der deutschen Gäste hatte sich Andreas Krisch verdient, der als einziger der Redner seine Worte ins Deutsche übersetzt und gehalten hatte - vielen Dank Herr Krisch!

Aus dem Zelt wechselten die Besucher dann hinüber zur evangelischen Kirche, wo für die deutschen Gäste ein umwerfend reichhaltiges Büfett mit Gebäck und Getränken angeboten wurde. Hier war dann recht schnell das "Flair des alten Wandorfs" zu spüren und spätestens da haben sich alle wie "dahoam" gefühlt.

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Den Frauen, die für die Bewirtung der deutschen Gäste gebacken haben, gebühren unser ganzer Respekt und auch unsere Anerkennung, wir können sie nicht alle aufzählen und hoffen, dass hier einige mitlesen und danken Ihnen ganz herzlich. Nicht nur die Wandorfer Frauen sondern auch die ungarischen Damen haben sich beteiligt und darüber haben wir uns ganz besonders gefreut - das hat uns als Gästen das Gefühl vermittelt, dass hier der Spruch, den Alfred Schwenk bei seiner Ansprache in der Kirche so schön formuliert hat "möge aus einem friedlichen Nebeneinander unserer Nationen zukünftig immer mehr ein freundschaftliches Miteinander werden!" schon längst umgesetzt worden war, denn wir fühlten uns nicht als "Gäste", sondern als "Freunde".

Nach dem fröhlichen Umtrunk wurden noch Kränze am Kriegerdenkmal zu Ehren der in den Weltkriegen gefallen Söhne aus Wandorf niedergelegt.

 

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Auf dem Bild sind die Hauptorganisatoren kurz vor der Kranzniederlegung zu sehen: Alfred Schwenk (1. von rechts), Wolfgang Holzmann (2.v.r.), Ludwig Müllner (3.v.r.) und Mátjás Gritsch (5.v.r.). Erwähnt werden sollte die gute Zusammenarbeit bei Planung und Durchführung der Reise mit dem Wandorfer Freundeskreis und deren Vorsitzenden.

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Um 19 Uhr mussten wir dann Wandorf wieder in Richtung Mörbisch verlassen, denn am nächsten Tag mussten wir die Fahrt nach Deutschland antreten. Für unsere lange Heimreise bekamen wir als "Proviant" noch das restliche Gebäck mit, was uns gemeinsam mit Kaffe vorzüglich geschmeckt hat. Die beiden Busse blieben auf der Fahrt noch einige Zeit beieinander, es gab eine letzte gemeinsame Rast bei St Pölten - dann trennten sich die Wege und ein Bus fuhr in Richtung Schwäbisch Gmünd, der andere in Richtung Mosbach.

Alle Teilnehmer waren sich einig: es war eine interessante, ereignisreiche Reise, die uns lange in Erinnerung bleiben wird!

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Es grüßt Euch Euer