Aufgrund des Urberial-Patents von 1853 ging also das Urberialfeld in das Eigentum der Untertanen über, und der Grundherr (die Stadt) erhielt staatliche Entschädigung. Nach einer letzten Zusammenstellung vor dem Erscheinen des Patents hatte Ödenburg im Jahre 1847 von seinen Stadtdörfern jährlich folgende Leistungen zu erhalten (und die sollten nun wegfallen)

Gemeinde

Güte-klasse

Ansässigkeiten

Zugrobath

Handrobath*

Die zu zahlende Entschädigung

Agendorf

I

44 6/8

3092 2/8

7990 4/8

35875 fl

Wolfs

II

15 1/8

694 2/8

2648 4/8

10882 fl

Wandorf

I

37 4/8

1112 6/8

3599 4/8

13987 fl

Harkau

I

19 1/8

2316 4/8

5197

26750 fl

Klingenbach

II

26 1/8

1307

3880

15825 fl

Kolnhof

I

26 1/8

1965 6/8

5515 4/8

22050 fl

Loipersbach

II

15 2/8

932

2614

11812 fl

Mörbisch

II

13 2/8

1062 6/8

3091 4/8

11006 fl

Zusammen

 

184

12483 2/8

34536 4/8**

148187 fl

* Bei der "Handrobath" sind auch die fälligen Frondienste der "Söllner mit und ohne Haus" mitberechnet. ** Inclusiv für Neuntel, lange Robath, Gespunst, Holz und Söllner-Robath erhielt die Stadt jährlich 35696 Tage "Handrobath" von ihren Untertanen.
 
Die Staatliche Kommission für Grundentschädigung sprach in ihrem Beschluß vom 14. April 1854 der Stadt Ödenburg als Ersatz für deren Verlust an jährlicher Robath "Frondienst" 148187 Gulden und 30 Kreuzer zu. Aber von dieser Summe erhielt die Stadt in bar sage und schreibe 71130 Kr.! Die 148180 fl wurden der Stadt - wie auch den anderen Grundherren des Landes - in "Grundentlastungs-Obligationen" (ungarisch: földtehermentesitesikötveny) zugesprochen. Der Betrag wurde mit 4% verzinst, Die "Ablösungssummen" mußten natürlich die "neuen Besitzer" der Felder, die Bauern, in Form von erhöhter Steuer jahrzehntelang bezahlen. Darum obige Feststellung von Dr. Horvath. Da hatte der Harkauer Wagnermeister, Stephan Kolb, (1894-1939) schon recht, wenn er in seiner sarkastischen Bemerkung feststellte: "Der ung. Staat preßt uns Bauern mit der Steuer so aus, wie wenn mein Weib aus der Zitrone keinen Saft mehr herausdrücken kann, ich aber die Zitrone in meine Hobelbank spanne und den allerletzten Tropfen herauspresse!" Mit seinem Vergleich hatte er nicht Unrecht. Zu der hohen Besteuerung kamen noch die Mißernten in den Weinbergen, die durch die Phylloxera (Reblaus) und die Peronospora (Falscher Mehltau) eingetreten waren. So daß ein Großteil der Bauern und Winzer sehr verschuldet war. Das hatte zur Folge, daß nicht nur "ärmere" Bewohner sondern auch Bauernsöhne in großer Anzahl nach den USA auswanderten, um dort (als "Fremdarbeiter") schnell Geld zu verdienen und ihren Hof, den sie mit Schulden von ihren Eltern übernommen hatten, zu entschulden. Viele der so ausgewanderten Harkauer kamen erst nach dem Ersten Weltkrieg wieder zurück, andere blieben für immer in den USA. Viele Bauern hatten um diese Zeit, besonders nach dem Viehsterben von 1906, nicht mehr das nötige Geld, um sich die Kühe zum Einspannen zu kaufen darum mußten sie sich bei den Deutschkreutzer Juden, hauptsächlich bei einem Herrn Jakob Komin, Geld besorgen, um eine Kuh zu kaufen. So standen in Harkau etwa 30-40 Judenkühe wie sie in Harkau genannt wurden. Für jede Kuh mußte der Bauer dem Geldgeber jährlich ein Kalb (oder den Wert eines Kalbes) als "Zins" abliefern. Das entsprach natürlich einem hohen Zinssatz. Von dieser Schuldenlast konnten sich die Bauern erst während des Krieges, bei der Geldentwertung, befreien. Vorläufig, im Jahrzehnt vor dem Weltkrieg, kam noch oft der "Exekuter" (= Gerichtsvollzieher) in den Ort, um das Geld für die Schulden einzutreiben, egal, woher der Schuldner das Geld nahm.
Am schlimmsten waren die Bauern dran deren Vermögen schon vor 1914 zwangsversteigert worden war. (Siehe ausführliche Erläuterung über die wirtschaftliche Lage Harkaus und die "Auswanderungen" in meinem Buch: "Aus der Chronik von Harkau"!). Da wie oben bereits kurz erwähnt auch die Stadt Ödenburg dringend Geld benötigte, verkaufte sie einen Teil ihrer Grundentlatungs-Ob1igationen. Da sie zu 4% verzinst wurden, kauften Bürger gerne diese Obligationen, waren sie doch eine sichere Geldanlage. Die letzten Grundntlastungs-Obligationen wurden im Kriegsjahr 1916 zurückgezahlt. Während des Krieges verloren sie natürlich - wie alles Geld - sehr viel an Wert.
 
Die Gemarkung der Gemeinde Harkau (und die der anderen Gemeinden) bestand aber nicht nur aus 37 1/2 Ansässigkeiten, aus den Urberialfeldern! In Harkau betrug das Urberialfeld, wie die "Ansässigkeiten" auch genannt wurden, nur 32% des Gemeindehotters (der Gemarkung), in Agendorf 30,2%, in Mörbisch 26,2% und in Wolfs gar nur 23,1%. Zur Gemarkung gehörten auch die "Überlehensgründe". Das waren keine "Urberialfelder". Hierher gehörten die "Rottfelder", die von Untertanen während der Jahrhunderte gerodet worden waren, nach denen keine Robath geleistet wurde, dann die Hutweiden, die Restfelder, einige Weinberge, Bürgerfelder, der Wald und in Wolfs und in Mörbisch auch noch die trockengelegten Schilfwiesen.
 
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)