Die Rottfelder lagen natürlich auf der Gemarkung der Gemeinde, diese jedoch war Eigentum des Grundherren. Die Stadt als Grundherr wäre berechtigt gewesen, diese Rottfelder für den Preis der "Rodarbeiten", um pagatellen Preis einzulösen, wie das ein großer Teil der Privatgrundherren dies schon jahrzehntelang vorher getan hatte. Auf, bzw. von diesen Feldern hatten die Grundbesitzer zum größten Teil ihre Meierhöfe eingerichtet, so z. B. Fürst Eszterhazy den Hermannshof zwischen Harkau und Girm. Da aber die Stadt in Geldnöten war, war sie gerne bereit, "die Rottfelder auf ewige Zeiten" den vorherigen Untertanen und Benutzern zu überlassen. Natürlich nicht umsonst(!), sondern das Joch (je 1200 Quadratklafter) zu 60 Gulden, in Harkau und Klingenbach zu je 57 fl. Das war natürlich das Geschäft für die Stadt; der Grund und Boden war viel zu teuer. Die Stadt bekam nämlich für ihre U rberialfelder nur 30 fl pro Joch und das nicht in bar, wie wir gesehen haben, sondern in Obligationen, deren Realwert viel geringer war als deren Nennwert. Außerdem mußte der Betrag für die "Rottfelder" von den Bauern direkt, nach einer bestimmten Laufzeit an die Stadt entrichtet werden. Natürlich wurde der fällige Betrag verzinst.
Manche Bauern besaßen nun (durch Erbschaft) besonders viel "Rottfelder" , für die sie vorher zwar keine "Robath" leisten mußten (also anderen Bauern gegenüber im Vorteil waren!). Nun aber mußten sie den teueren Preis für die in ihrem Besitz sich befindlichen ,"Rottfelder" in relativ kurzer Zeit (20 Jahre!) an die Stadt bezahlen, so daß nun die Bauern im Nachteil waren, deren Wirtschaft aus verhältnismäßig vielen "Rottfeldern" bestand. Villeicht ist unter anderem auch das die Ursache, warum manche Harkauer Bauern so stark verschuldet waren, daß ihr ganzes Vermögen zwangsversteigert wurde.
Damit wir uns orientieren können, welche Teile der Harkauer Gemarkung (Hotter) zu den "Rottfeldern" gehörten, habe ich aus dem "Commassierungsgrundbuch Harkau" die "Rott- gründe" bei der Absonderung 1853 herausgeschrieben und will sie den Lesern auch nicht vor- enthalten. (Die Schreibweise des Grundbuches wird beibehalten. Auch die Mehrzahl von Acker wird nur mit "Acker" bezeichnet, ebenso wird die Mehrzahl von ,"Weingarten" nicht als "Weingärten" bezeichnet. Auch die Größe der Rottgründe ist in Quadratklaftern angegeben, diese aber zu bringen, dürfte den Leser kaum interessieren.)
"Rottgründe" in Harkau
Kehlweingarten, Kogelweingarten, Steinriegelacker, Tiergartenweide (Haselacker als Ersatz), Kahwiesen, Kurze Kahwiesen, Hotteracker, Gemeindeacker, Straßacker, Kreutwiesen, Hot- teracker am Hausberg, Zinswiesen an der Hofwiesen, Pfennigacker, Nagelacker oder Eilacker und Wiesen, Hochwiesen und -acker, nochmals Kreutwiesen, Magugenacker, Brandacker, Hofwiesen; Erlau, Arbes- und Haselacker Ersatz, Summa: 306149 Quadratklafter. Weingarten: Ehrenweingarten (Grillers), Jung-Weingarten, Silberberg-Weingarten, Stier-Weing., Stin- kabrunn-Weing. (davon 2,13 Joch Bergrecht!), Hausbergweing., Ehrenweingarten (bei Kreut), Sonnenbergweing. (da 113 Weing.) Sonnenbergweingarten unter dem Mitterweg (zus. 92 , Weing.) zusammen 38649 Quadratklafter-Weingarten. Folgende Tabelle gibt uns Übersicht über die "Rottgründe" in den Stadtdörfen, deren Größenverhältnis zur U rberialfläche. A ußer- dem gibt sie die Höhe der Ablösungssumme und das Jahr der letzten Rückzahlung an.
Gemeinde |
Gesamtfläche in* Joch zu 1200 Kl. |
Urberialfläche |
% der Urberialfläche zur Gesamtfl. |
Rottfelder in Joch |
% der Rottfelder zur Urberialfl. |
Ablösebetrag für die Rottfelder |
Ablösebetrag für alle Überfeld.** |
Agendorf |
4339,2 |
1308,9 |
30,2 % |
250 |
19 % |
15750 fl |
23208 fl |
Wolfs |
1883,3 |
435,1 |
23,1 % |
113 |
25 % |
7158 fl |
44023 fl |
Wandorf |
3478,1 |
400,0 |
11,5 % |
180 |
45 % |
11395 fl |
12284 fl |
Harkau |
3094,1 |
994,0 |
32,1 % |
247 |
25 % |
14797 fl |
18459 fl |
Klingenbach |
1115,9 |
499,0 |
44,7 % |
27 |
5,4 % |
1764 fl |
3211 fl |
Kolnhof |
2276,5 |
712,4 |
31,3 % |
197 |
27,6 % |
12361 fl |
17432 fl |
Loipersbach |
3443,5 |
626,2 |
18,2 % |
485 |
77,4 % |
25042 fl |
41542 fl |
Mörbisch |
2404,4 |
629,8 |
26,2 % |
? |
? |
? |
33449 fl |
* inclusiv Weingarten, Weiden, Wald, Gärten, Wege u. unfruchtbare Flächen. ** für Rottgründe, Restfelder, Bergrecht u. Schilfwiesen (nach: Horváth Z.)
Wie aus obiger Tabelle ersichtlich, zahlten nur zwei Gemeinden - Harkau und Klingenbach - in der vereinbarten Zeit, bis 1874, den schuldigen Betrag an die Stadt. Verhängnisvoll wirkte sich diese Art der Verschuldung besonders für Harkau aus. Während in den anderen Gemeinden die "Gesamtgemeinde" als Schuldner fungierte, wurden in Harkau die Schuldbriefe auf die einzelnen Bauern(!) ausgestellt und im Grundbuch als deren Schuld eingetragen, "intabliert". Konnte der einzelne Zins und Tilgung nicht entrichten, die Gemeinde kümmerte sich nicht darum, mußte eben der einzelne irgendwo das Geld auftreiben. Nun herrschte aber zu dieser Zeit eine große Geldknappheit! Die Grundherren boten ihre Grundentlastungs- Obligationen an! Zahlreiche Banken verspekulierten sich und mußten Konkurs anmelden. Was blieb den Bauern anderes übrig, als für teure Zinsen von privater Seite, meist bei den Deutschkreutzer Juden, Geld aufzunehmen. Zu diesem teuren Geld kam noch die Verheerung der Weingärten durch die Reblaus (Phylloxera), so daß viele Bauern ihr ganzes Vermögen durch Zwangsversteigerung verloren, ein Teil der Jungbauern nach den USA auswanderte, um dort schnell Geld zu verdienen und dadurch die Entschuldung des Vermögens zu ermöglichen. (Siehe dazu auch: "Aus der Chronik von Harkau", Abschnitt: Auswanderung!).
Quelle: "Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)