Die Lasten und Schrecken des Krieges sollten für die Harkauer, die ja in Ungarn wohnten, erst mit Beginn des Krieges mit der Sowjetunion beginnen! Dr. Weidlein schreibt unter anderem dazu: "Die Dynamik der Ereignisse riß im Jahre 1941 auch Ungarn in den Krieg... die Aussicht auf Zurückgewinnung weiterer altungarischer Gebiete...
 
nicht zuletzt das Vertrauen auf einen schnellen deutschen Sieg, ließen Ungarn am 27. Juni 1941 an Deutschlands Seite in den Krieg eintreten" (Dr. Weidlein: Schicksalsjahre der Ungarndeutschen, S. 24) Nach Dr. Weidlein nahm Ungarn im Sommer 1941 nur mit 24000 Mann an den Kampfhandlungen teil. Es zog sogar im Herbst seine Truppen wieder zurück. Im Frühjahr 1942 standen nach ungarischer Berechnung 204 000 Mann an der Front. Unter diesen waren auch zahlreiche Harkauer, die dann mit der gesamten ungarischen Armee zum größten Teil der am 13. Januar 1943 begonnenen russischen Gegenoffensive bei Woronesch zum Opfer fielen. Fast alle Harkauer, die bei Woronesch eingesetzt waren, meist über 30-jährige Familienväter, sind seit dieser Zeit vermißt. Da man von ihnen nie mehr ein Lebenszeichen erhalten hat, werden sie höchstwahrscheinlich bei Woronesch gefallen oder in Kriegsgefangenschaft geraten und dort gestorben sein. Diese großen Menschenverluste an der Ostfront hatten schlimme Auswirkungen bei der Bevölkerung Ungarns, die sogar im ung. Parlament diskutiert wurden. Jedoch der ung. Ministerpräsident Kállay, der mit Reichsverweser Horthy die Ungarndeutschen "in den heiligen Krieg der Nation" geführt und an der russischen Front umkommen ließ, erklärte vor einem Parlamentsausschuß: "Hunderttausend Mann haben wir verloren, aber erschrecken Sie nicht: Es waren keine Madjaren!" (Dr. Weidlein: Die deutsche Ungarnforschung, S. 43) - Da die Ungarn immer weniger bereit waren, ihre Armeen in Rußland einzusetzen, besann sich die deutsche Heeresleitung auch der Ungarndeutschen und vereinbarte mit der ungarischen Regierung, daß die Volksdeutschen auch aus Ungarn in den Verbänden der Waffen-SS gegen Rußland kämpfen sollten. Die ungarische politische Führung begrüßte sogar diese Entscheidung. Konnte sie doch dadurch ihre ungarische Jugend verschonen, andererseits war sie "die verhaßten Schwabensöhne" los, die ja nach dem Krieg auf jeden Fall, Hitler den Krieg gewinnt oder verliert, ausgewiesen werden sollen, wie wir später sehen werden (nach Dr. Weidlein).
 
Ein Großteil der männlichen Jugend Harkaus wurde schon im Winter 1942/43 an der Karelienfront in Finnland eingesetzt. Da sie gut ausgebildet war, erlitt sie auch an diesem relativ ruhigen Frontabschnitt verhältnismäßig wenige Verluste. Dieser ersten Aktion folgte ein Jahr später schon die zweite. Und im Herbst 1944 wurden fast alle Deutschen Männer Ungarns zwischen 17 und 50 Jahren, wieder nach Vereinbarung zwischen der deutschen und ungarischen Regierung, eingezogen. Da diese letzten, besonders viele Jugendliche, die schlechteste Ausbildung und Ausrüstung erhielten und größtenteils zur Verteidigung Budapests, Ungarns Hauptstadt, eingesetzt wurden, forderte der Krieg besonders in dieser letzten Phase einen sehr hohen Blutzoll von dieser unserer Harkauer Jugend. Von einem mir Bekannten, einem Harkauer, der auch im Herbst 1944 zur Waffen-SS eingezogen wurde, habe ich folgende Begebenheit erfahren: Als sie beim Kriegsende am 9. Mai 1945 in tschechische Kriegsgefangenschaft geraten waren, wollten die tschechischen Partisanen sie alle liquidieren. Da zeigte ein aus Wandorf (zweite Nachbargemeinde von Harkau) stammender Mann, der auch unter den Gefangenen war, seinen von der ungarischen Regierung ausgestellten Einberufungsbefehl zur Waffen-SS, auf dem in ungarischer und deutscher Sprache stand: "... sofern Sie dieser Einberufung nicht Folge leisten, werden Sie polizeilich vorgeführt.." Als die tschechischen Partisanen dies gelesen hatten, wunderten sie sich über den Einberufungsbefehl, änderten ihre Meinung und ließen die Gefangenen am Leben. Vorher waren sie nämlich der Meinung gewesen, das wären alle Freiwillige. Mein Informant meinte: "Das Stück Papier, der Einberufungsbefehl des Wandorfers, hat uns damals bei den tschechischen Partisanen das Leben gerettet."
Quelle: "Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)