Die verhängnisvolle Folge des ersten Weltkrieges war, daß auch in Wandorf die deutsche Minderheit zu ihrem nationalen Selbstbewußtsein erwachte. Der Plan eines Anschlusses an Österreich wühlte schon am Anfang der zwanziger Jahre das Seelenleben der Gläubiger auf. ¾ der Bevölkerung fühlten sich als Deutsch. Die Regierung der Gegenrevolution wollte der herannahenden Gefahr damit begegnen, daß sie 1919 jeden Wunsch der Minderheit erfüllte. Von heut auf morgen führte man die deutsch Amtssprache ein. Die Folge davon war, daß die deutsche Bevölkerung noch fordernder wurde und auf Jahrzehnte hindurch das Vertrauen zur Regierung verlor.

Bei der im Jahre 1921 abgehaltenen Volksabstimmung stimmten 60% der Bevölkerung für Österreich, 14% für Ungarn und 23% enthielten sich der Stimme. Wandorf blieb dennoch bei Ungarn. Aber das Volk forderte auch nachher selbstbewußt seine Minderheitsrechte. Die Verbreitung der deutschen Gesinnung hatte auch Beziehungen zur Kirche. Edmund Scholtz war als Kaplan noch sehr ungarnfreundlich. Er schrieb sich "Scholcz" und seinen ersten Sohn taufter auf den Namen Arpád. In den ersten Jahren nach 1900 aber trat bei ihm eine Wende ein, wahrscheinlich durch die Einwirkung des schon erähnten Pfarrers Schmidt aus Preßburg. In den Jahren nach 1910 schrieb er in seinen Bittgesuchen ins Ausland daß es um die Hilfe für eine rein deutsche Gemeinde ginge. Nach dem Weltkrieg agitierte er öffentlich für das Deutschtum. Die westungarischen Deutschen wählten ihn alsbald zu ihrem Abgeordneten. In seiner geschickten Politik betonte er immer wieder die Treue zum Vaterland, aber daneben tat er alles für die Hebung des deutschen Selbstbewußtseins. Zumeist kann man es seinem Wirken zuschreiben, daß man bei den Schulen den A-Typ wählte, wonach die ungarische Sprache nur in 6 Stunden wöchentlich unterrichtet wurde. Es ist freillich übertrieben zu sagen, daß Edmund Scholtz allein für die Ausbreitung der deutschen Gesinnung verantwortlich sei, wie das die katholischen Kreise Ödenburgs behaupteten. Johannes Huber, katholischer Pfarrer in Agendorf, später Domherr in Ödenburg, ein Freund und Mitarbeiter Scholtz`, bleib bei der Organisation des Deutschtums nicht hinter der Volkstümlichkeit Scholtz`zurück. Die Bedeutung der deutschen Agitation Scholtz in kirchlicher Hinsicht war, daß für viele die Angelegenheiten der Kirche mit denen der deutschen Minderheit identisch waren. Und sie verlangten bis auf den heutigen Tag die Pflege des Deutschtums. Die Verbreitung der deutschen Gesinnung wurde in den folgenden Zeiten verhängnisvoll für die Gemeinde.

Quelle: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde in Wandorf
Prof. Pröhle (1950), übersetzt aus dem Ungarischen von Matthias Ziegler