Bei der Beschreibung der Entstehung der ersten Ansiedlungen und der Ausdehnung des Dorfes sind wir im wesentlichen auf die geopolitischen Gegebenheiten unseres Ortes angewiesen. Im Mittelpunkt dürfte zweifellos der Klosterberg gestanden haben, von wo schon die Römer ihr Wasser nach Ödenburg leiteten.

 
Hügelformationen waren schon in der Frühzeit bevorzugte Siedlungsplätze, da sie einen gewissen Schutz boten. Diesen Schutz erhofften sich auch die christlichen Eremiten, die auf dem Klosterberg ihr Lager aufschlugen.
 
Sie zogen Handwerker an, die ihrerseits die Nähe der Mönche suchten. Wo sie Auskommen und Hilfe fanden.
 
Es kann also mit Gewißheit angenommen werden, dass die ersten Häuser von Wandorf in der Nähe des Klosters, bzw. der früheren Klosterkapelle entstanden sind. Diese Behausungen schmiegten sich dicht an den Klosterberg, der mit der früheren Holzkapelle und dem späteren Klosterbau Schutz und Geborgenheit vermittelt hat.>/div>
 
In der ersten Siedlungsphase (I.) dehnten sich die Häuser allmählich bis zum Altbach aus, dann entlang des Baches in Richtung Ödenburg (östlich und in Richtung "Dorfplatz" (westlich). In der Bauphase ll. wurde der kleine Platz jenseits des Altbachs und das Gelände an der "Magdalena Kapelle" bis hin zum "Ziegler Bahnd" (Ziegler Park) bebaut. Die Häuser an der evangelische Schule bis hin zur Waldmühle entstanden in der Bauphase III. Die" Winkeln" dürften in die gleiche Bauphase gefallen sein.>/div>
 
Im vierten Bebauungsabschnitt (IV.) wurden die Häuser an der Brennbergstraße und am "Bergring" = Beringer errichtet. Das Dorf dehnte sich dann nach allen Richtungen weiter aus, ohne eine Bauphase ausmachen zu können. Rechts des Altbachs entstanden die Häuser, die vom Dorfplatz ende bis zum Rathaus und zum Hügel der "Kleinhäusler" (Heißln) führten.
 
Gehen wir vom Kloster in Richtung Ödenburg (rechts v. Altbach) kommen wir zu den Häusern am "Kinoviertel". Eine Abzweigung von diesem Weg führt zum Friedhof (am Haus Manninger), die zweite Abzweigung zum Soldatenfriedhof und zu den Häusern am "Steinbruch". Dieses ganze Gewann kann in den Bebauungsabschnitt V.
 
Am Kino endet zunächst die Bebauung. Später wurde die Erschließung in Richtung Ödenburg fortgesetzt für Lehrer und andere Beamte, die in der Nähe von Ödenburg bleiben wollten.>/div>
 
Aber noch vor der Ausdehnung in Richtung Ödenburg wurde im Bau- und diese auch oft Abschnitt VI. das "Neulumpendorf" an gemeindeeigene Bürger zur Bebauung freigegeben. Die Bezeichnung "Neulumpendorf" kommt von den armseligen Durchwanderern, die Lumpen, Fetzen und anderes Gerümpel zurückgelassen haben. Die Siedlung wurde in Richtung "Kiswiesen" (Kieswiesen?) durch mehrere Häuser erweitert.
 
Mit der gewaltigen Bevölkerungsexplosion nach 1870 dehnte sich Wandorf in Richtung Ödenburg weiter aus. Während die Stadt durch die Errichtung des Elisabeth-Parks ein bauliches Zusammenwachsen mit Wandorf verhindert hat, wuchs Wandorf seinerseits an die Stadt heran. In der "unteren Allee", die an den Elisabeth-Park angrenzte, bauten auf der linken Seite, zugezogene Lehrer und andere Beamte ihre Häuser. Ein neues Baugelände entstand auf dem Ackerfeld, das zwischen dem Weg der am Cafe-Balint vorbei zum "Truppenspital" und jenem, der vom Kino geradewegs zur Allee führte (an der Häuserreihe "Trafik-Kato", Hawlek-Haus vorbei) Dieses Baugelände nannte man "Chinesenviertel". Es war das jüngste Baugebiet von Wandorf.
 
Charakteristisch für die Bebauung Wandorfs war die verstreute Anordnung der Häuser und deren unterschiedliches Aussehen. Zusammenhängende Gassen mit beiderseitiger Bebauung gibt es wenige. Die Häuser hatten einen individuellen Charakter und waren interessanter als jene Dorfschaften mit genormten und einheitlichen Gassenreihen.
 
Der Mittelpunkt des Ortes war der Dorfplatz, genannt "das Dorf". Er war der Tummelplatz für die männliche Jugend, die ihre vielfältigen Sport- und Spielleidenschaften hier auslebte. Bei Einbruch der Abenddämmerung versammelte sie sich auf der "großen Brücke" am Spritzenhaus der Feuerwehr. Als Sitzbank diente die Brückenmauer, auf der die Burschen deutsche Lieder mehrstimmig erklingen ließen, bis sie wegen Ruhestörung von der ungarischen Gendarmerie in alle Windrichtungen verscheucht wurden.
 
Die deutschen Einwohner gaben den einzelnen Ortsteilen folgende Bezeichnungen:
 
Der Mittelpunkt war "das Dorf", die "Kirigossn" (Kirchgasse), die HeißI (Häusl), Beringer (Bergring), Winkl, am Bo (Mühlbachviertel), Klostervier- tel, Moahof (Meirhof), Luamgstecktn (Lehmgrube) Hödnfriedhof (Heldenfriedhof), Stuabruh- Viertel (Steinbruch), Kinoviertel, Chinesenviertel, Herrnviertel (Allee), "am Föhd" (Häuser, die am Rande der Kirigoßn in Richtung Ödenburg gebaut wurden), Kästnwoüd (Kastanienwald), Neilumpendorf (Siedlung zwischen der Waldmühle und der Waldschule. (Die Waldschule war der letzte Bau in Richtung Brennberg). Als letzter Ortsteil kann die Friedhofsgasse noch genannt werden.
 
Die deutschen Bezeichnungen der Ortsteile und auch der Flurnamen wurden teilweise schon zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg durch ungarische Namen ersetzt. Die ungarischen Behörden in Ödenburg haben im Zusammenspiel mit dem ungarischen Notar in Wandorf und anderen Kräften die deutschen Bezeichnungen durch ungarische Namen verdrängt und diese auch offiziell verwendet. Schon deshalb schien es mir angebracht, die deutschen Bezeichnungen im Heimatbuch nochmals zu erwähnen.
 
Heute kann nicht mehr festgestellt werden, in welche Zeit die Bebauung der einzelnen Ortsteile fallen. Deshalb haben Sümeghy-Rozsondai in ihrem Buch auch nur Vermutungen angestellt. Ein Großteil der alten Häuser wurde mit Sicherheit erst nach dem großen Feuerbrand im Jahre 1856 erstellt. Die Häuser an der Waldmühle sollen im Jahre 1869 errichtet worden sein. Die Häuser entlang der Brennbergstraße, von der Brücke zum Neulumpendorf, stammen aus dem Jahre 1904, der Ortsteil Neulumpendorf selbst soll um das Jahr 1905 entstanden sein. Das Teilstück am "Steinbruch" wird in die Zeit vor dem 1. Weltkrieg datiert. Die Häusergruppen "Allee", "Chinesenviertel" wurden überwiegend schon zwischen 1926-1930 gebaut.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)