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Und es geht doch!

Oftmals denken wir beim Lesen der Zeitungslektüre: Wieso kann Migration so unendlich schwer sein? Oder ist es am Ende nur ganz wenigen Menschen beschieden, sich in eine fremde Kultur, in ungewohnte Lebensweisen, einzugliedern? Mit hinein nehmen lassen in die neue Gemeinschaft, aber ohne die ganz persönlichen Erziehungsmerkmale wie Religion, Lebensweise, die eigene Kultur zu verleugnen?

Fragen, die uns in den letzten Jahren sehr beschäftigt haben. Denn offene Grenzen waren schon immer der Traum der Menschen, auf keinen Fall jedoch diese trennenden Gebilde aus Draht, Ziegeln und noch schlimmeren Sicherungseinrichtungen. Menschen werden in Klassen, Rassen, Kulturen und Religionen aufgeteilt und alles deutet darauf hin: es führt kein Weg zueinander.

So ist es also gar nicht so abwegig, wenn von unmöglichen Mischkulturen und von unmöglichem Zusammenfinden von Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen geredet, geschrieben wird. Und es wird versucht, alles zu verhindern, was uns Menschen dazu bringt, darüber nachzudenken, wie und was und wer denn diese „Anderen“ eigentlich sind. Doch nun genug über abstrakte Dinge geschrieben, lassen wir doch einmal die Alltäglichkeit, die reale Welt zu Wort kommen.

Wenn Menschen, so wie es hier bei uns der Fall ist, dicht an der Grenze zu einem anderen Land wohnen, so macht man sich doch Gedanken, wer denn da drüben eigentlich lebt. Seit Jahren habe ich nun, lange Zeit, unterstützt von meinem Freund András Böhm, versucht, Agendorf und seine Bewohner kennen zu lernen. Vor einigen Wochen, am 14. August, sind es nun schon wieder fünf Jahre, seit András von uns ging!

Mit vielen Menschen habe ich durch ihn Bekanntschaft gemacht, mein Freundeskreis hat sich weit über diese Ortschaft Agendorf nach Ungarn hinein, bis nach Budapest hin ausgedehnt. Und so ist es eben geschehen, dass ich etwas ganz Besonderes erleben durfte.

Ich lernte eine Familie aus Agendorf anläßlich des Rezitationsbewerbes der Ungarndeutschen Schulen kennen. Gedanken und Fotos wurden ausgetauscht und eines Tages erreichte mich ein etwas ungewöhnliches Schreiben. Die Mutter fragte, ob ich ein Mädchen kenne, etwa 7 bis 8 Jahre alt, das deutsch sprechen und schreiben kann. Sie möchte, kurz gesagt, eine Brieffreundin für ihre Tochter, 8 Jahre alt, damit diese ein wenig besser deutsch lernen kann. Mir fiel dazu nur ein Mäderl ein, nämlich die Tochter einer mit uns sehr befreundeten irakischen Familie. Sie ist sieben Jahre alt, geht in die zweite Klasse Grundschule in Wien, schreibt und spricht ganz gut deutsch. Mein Vorschlag fand Gefallen, die Mädchen schrieben sich und wurden neugierig aufeinander.

So kamen sie also hier in Schattendorf zusammen, die eine aus Agendorf, Selina, und die andere aus Wien, Mallak. Die Muttersprache von Selina ist ungarisch, die von Mallak arabisch. Die eine ist Christin, die andere Muslima.

Ich dachte nur: wie wird das werden, wird das auch gut gehen? Und dieses Wunder geschah! Selina kam mit ihrer Mutti, Mallak mit Schwester Haura und ihrem Vati. Nach wenigen Minuten nahm Mallak Selina an der Hand, zeigte ihr unseren Garten, der für sie ja nicht fremd ist. Die beiden tollten durch den Garten, spielten und lachten zusammen und verstanden sich wunderbar.

Vielleicht ist dies ein Beginn, ein Anfang, der zu einer besonderen Freundschaft führt, zum  Akzeptieren Andersseiender, vielleicht wird es jeder der bei diesem Treffen Anwesenden weitergeben: gute und freundliche und nette Menschen gibt es überall. Das Aufeinander Zugehen ist wohl ein sehr guter Weg, um allgemeines Verstehen wollen zu fördern. 

Hoffen wir ….

                        
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