fig_01Man muß scheinbar erst in die Jahre kommen, um abschätzen zu können, was alles in unserer Gesellschaft wichtig ist. Ist es der Wohlstand, die Gesundheit, das Ansehen, das Erreichen gesellschaftlicher Positionen? Ist es wichtig, sich bei Diskussionen über Glauben, Rassismus, Integration oder Fremdenfeindlichkeit hervorzutun? Ist es wichtig in unserer Gesellschaft, das Demütigen von Andersgläubigen zu beschönigen, aus Unkenntnis heraus zu verurteilen?

Nein, es soll hier keine Abhandlung über Gut oder Böse in unserer Gesellschaft geschrieben werden. Das können andere besser – oder zumindest fundierter als ich. Ich habe ein ganz anderes Anliegen an alle Leser dieser Website: Unterschätzt unsere Jugend nicht! Verurteilt nicht in Bausch und Bogen, wenn sie einmal über die Stränge schlagen. Es ist das doch das Vorrecht der Jugend! Auch einmal etwas heftiger zu reagieren, andere Werte zu erfragen bzw. das immer wieder Gehörte doch einmal zu hinterfragen. Es ist das Vorrecht der Jugend, auch einmal eine Zeitlang als Revoluzzer durch die Tage zu ziehen.  

Und auch wir sollten einmal hinterfragen: Waren wir anders? Waren wir besser, klüger, fleißiger? Haben wir nicht auch eher zu Che Guevara als zu Martin Luther tendiert? Haben wir nicht auch die ältere Generation als verzopft, erstarrt und stur bezeichnet? Na also!

Am 30. Jänner 2015 durfte ich wieder als Jury-Mitglied in der Ödenburger Nationalitätenschule am Fenyö-tér teilnehmen. Nun schon zum sechsten Mal dabei, fühlte ich mich in dieser Schule schon wie zuhause, kannte ich doch einen Großteil des Lehrpersonals inklusive der Direktorin der Schule, Frau Rita Barilich, sie wurde im Herbst 2014 als „Ausgezeichnete Pädagogin“ von der Schulbehörde geehrt.

Diesmal traten wieder über hundert Schülerinnen und Schüler zum Bewerb an. Für die vierte Kategorie, das waren die Klassen 7 und 8 sowie die Mundart-Kategorie war ich als Mitglied der Jury  zugeteilt. Wir fünf Personen durften also über Sein oder Nichtsein der Mädel und Burschen entscheiden. Und ich muß sagen, sie haben es uns sehr schwer gemacht! Die Leistungen waren überdurchschnittlich hoch, Norá Skalá aus Agendorf ist hier stellvertretend für alle anderen Mundart-Teilnehmer als Beispiel genannt.

Gespannt waren wir nun auf die Kategorie „Hochdeutsch“, in der 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer antraten. Ging es doch heute auch darum, wer beim Regionalwettbewerb in Mosonmagyarovar antreten durfte. Nur die ersten vier kamen weiter! Schon die ersten Vorträge ließen uns ein hohes Niveau der Rezitatoren erwarten. Unter den ersten 10 waren alle ziemlich gleichwertig, es drohte schon ein heilloses Ex aequo-Ergebnis. Doch dann kam die Wende! Gleich vier Mädel brachten Vorträge zu Gehör, die uns erstaunen ließen. Ausdruck im Vortrag, Aussprache und Mimik ließen uns erstaunen. Dazu sehr anspruchsvolle Texte, dass Max und Moritz mit Meister Lampl uns zum Lachen brachte, zeugte davon, wie gut es Dorá verstand, diese uns wohlvertrauten Verse in neuem Licht erscheinen zu lassen. Auch „Graf Ribbeck von Ribbeck im Havelland“ trug Krisztina herrlich vor und brachte uns zu andächtigem Lauschen. Es wären noch viele Vorträge genauer zu beleuchten, doch einer, stellvertretend für alle, soll doch hervorgehoben werden.

 Wir können auch anders! Diese „Anklage“ eines jungen Menschen an die Erwachsenen erschütterte uns, die wir ja darin angesprochen wurden! Als Erwachsene, nicht als Beschuldigte! Hier nachzudenken, nachzufragen: Ist das wirklich so? Sehen uns die Kinder, die Heranwachsenden wirklich so? Und handeln wir wirklich so? Diese Gedanken ein wenig ernster zu nehmen, das eigene Verhalten, die eigene Einstellung zu den jungen Menschen zu prüfen und fallweise zu bessern, das wäre das Anliegen der Vortragenden. Das wäre es wert, einmal länger darüber nachzudenken. Es wäre wohl wichtiger, hier in uns zu gehen statt zu überlegen, ob der Urlaub dieses Jahr als Fernreise oder doch eher in der Heimat angelegt wird.

Wir Erwachsenen erwarten von unseren Nachkommen ein einwandfreies Verhalten, Respekt und Ehrerbietung! Sie sollen gute Schulabschlüsse haben und – halt so sein, wie wir sie haben wollen! Da komme ich aber mit einigen Vorhaltungen: Wir als Vorbilder, wir als diejenigen, denen die Jungen nacheifern sollen?

Wir, die wir unsere Umweltressourcen der Zukunft schon verschwendet haben, wir, die wir unsere Umwelt so mißbrauchen, dass sie für unsere Nachkommen bald nicht mehr zu gebrauchen ist? Wir, die wir niemals Frieden halten können? Wir, die wir Gewalt mit Gewalt vergelten? Wir, die wir allem Fremden mit Mißtrauen begegnen und verurteilen, wo wir aufklären sollten? Wir – wir sollen als Vorbild gelten?

Das habe ich mitgenommen von diesem Rezitationsbewerb, mitbekommen von einem jungen Mädel, welches dieses Gedicht so eindringlich vortrug, dass es uns unter die Haut ging! Dafür sage ich an dieser Stelle Dorá Krahulcsán aus Györ im Namen der gesamten Jury unseren herzlichsten Dank! Danken möchte ich auch der Direktorin, Rita Barilich, der Hauptorganisatorinnen Zsuzsanna Kaufmann und Edit Hrobath für ihre gute Arbeit. Hoffentlich kommen wir noch öfter zu solchen Anlässen zusammen.

Wir können auch anders

Autor: Paavo Hellwich

Die Leute sagen: „Die Jugend kann nichts außer Schlagen!" Doch zu diesem Thema gibt's noch so einige Fragen.

Manche können nicht anders.
Sie sind wie sie sind.
Doch wir können auch anders,
Wir sind nicht so blind.

Die Jugend ist schlecht???
Ich glaub das nicht recht.
Die Medien haben euch belogen.
Ihr müsstet es besser wissen, ihr habt sie erzogen!

Manche können nicht anders.
Sie sind wie sie sind.
Doch wir können auch anders,
Wir sind nicht so blind.

Das Messer in der Tasche,
In der Hand 'ne Wodkaflasche,
So stellt ihr euch uns vor
Und sagt das auch im Chor.

Manche können nicht anders.  
Sie sind wie sie sind.
Doch wir können auch anders,
Wir sind nicht so blind.

Noch mehr Fragen bleiben offen,
Von denen sind wir sehr betroffen.
Kein Geld ist für die Jugend da,
Na toll, wie wunderbar.

Manche können nicht anders.
Sie sind wie sie sind.
Doch wir können auch anders,
Wir sind nicht so blind.

Die Welt verdreckt,
Die Zukunft zum Vergessen.
Bei McDonald's gibt's das beste Essen.
Ihr habt das so eingerichtet.
Davon wurde nichts berichtet.

Manche können nicht anders.
Sie sind wie sie sind.
Doch wir können auch anders,
Wir sind nicht so blind.

 

                        

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Euer rasender Reporter