Im Jahre 1663 erhielt unsere Kirchengemeinde in Matthias Rosner wohl ihren bisher bedeutendsten Geistlichen. Matthias Rosner war der Sohn des Ödenburger Bürgers Johann Rosner und seiner Ehegattin Magdalena und wurde am 12. Februar 1637 in Ödenburg geboren. Seine Ehefrau hieß Regina Justina Maurer und war die verwaiste Tochter eines gewissen Johann Maurer (gemeinen Pflegers eines Freiherrn Adam Benier) und seiner Ehegattin Sabine geb. Rupp.
Sie hielt sich gelegentlich ihrer am 27. Januar 1665 erfolgten Eheschließung bei dem "wohlbestellten Spitalverwalter" Michael Kling in Ödenburg auf und hatte mit den vornehmsten Freien Verbindungen. Rosner, der seine Wortstudien in seiner Vaterstadt beendete, besuchte 1685 - 1662 die Hochschule zu Wittenberg, wo er sich als besonders fleißiger Student betätigte. Um 1660 sammelte man in Deutschland zu Gunsten der Bibliothek des Ödenburger Konventes und vielleicht bewog Rosner dieser Umstand, dass er am 16. Mai 1660 auf der Wittenberger Universität einen Vortrag über Ödenburg hielt. Er setzte nicht nur das Neuere der Stadt auseinander sondern erklärte auch die Organisation der Verwaltung und erwähnte die "Großen" der Vergangenheit und Gegenwart. Dieser Vortrag wurde auch gedruckt und ist eine erstklassige Quelle der Stadtgeschichte (ein Exemplar ist in der ungarischen Stadtbibliothek, eines im Ödenburger Franz Liszt-Museum und ein weiteres im Eisenstädter Wilfs-Museum zu finden!). Rosner ließ später auch die Lobgedichte, die er anlässlich dieses Vortrages erhielt, drucken.
Am 25. April 1662 wurde er in Wittenberg zum Prediger von Loipersbach ordiniert. Im Jahre 1665 legte Mattias Rosner, schon als Pfarrer von Agendorf und Wandorf, ein Kirchenbuch an. Diesem musterhaft geführten Kirchenbuche - vor welchem auch schon andere vorhanden waren, die jedoch nicht mehr in unserem Besitze sind - können wir bezüglich unserer Kirchengemeinde mehrere wichtige Aufzeichnungen entnehmen.
Lehrer in Agendorf war zu gleicher Zeit Georg Undäsch, dessen Gattin Ursula hieß. In Wandorf war Johann Marton Lehrer und ehelichte am 28. Januar 1665, also nur einen Tag später als Pfarrer Rosner seine Trauung hielt, Frau Susanna, weiland Meister Caspar Meiner Schuhmachers hinterlassene Wittib. Vor Johann Marton war ein gewisser Thomas Binder Lehrer in Wandorf, dessen Sohn, Matthias Binder, als Schuhmacher und Leitgeb am 9. Februar 1670 die Schuhmacherswitwe Maria Trümmel in Agendorf ehelichte. Es werden in diesem Kirchenbuche noch Johann Hirzinger und Matthias Amptmann als Lehrer in Harkau und Elias Fillibam, sowie Joannes Sinnibel als Lehrer in Pöttelsdorf erwähnt. Es ist gewiß interessant zu wissen, welche Familien damals vor 270 Jahren, die führende Rolle in der Gemeinde spielten. Richter waren in Agendorf 1665 Martin Wölffel und 1672 Georg Wetzer. In Wandorf bekleideten das Richteramt 1667 Hans Müllner, 1670 Matthias Graf. - Kirchenväter waren in Agendorf Hans Wödl (1670) und Hans Pohl der Jüngere (1672), in Wandorf Martin Richter (1669), Michael Greiner (1672) und Thomas Schwentenwein - Totengräber war in Agendorf ein gewisser Paul Steiger, Bergmeister Martin Schelly (gest. 1673), Waldförster Hans Säbel, Gemeindeschmid Thomas Müllner (1668) Der obere Teil Agendorfs führte, wie von jeher, den Namen "Rasten", der "Berg" dagegen heiß "Rosenberg" und hatte wahrscheinlich einen eigenen Richter.
Diese "Matrikel" sind heute besonders für die Ahnenforschung, aber auch für die Erforschung der Heimatgeschichte, außerordentlich wichtig. So erfuhr auch der Chronist (Matthias Ziegler), dass sein erster greifbarer Vorfahr Georg Ziegler um 1740 in Loipersbach das Licht der Welt erblickte, dessen Sohn Adam am 4. Februar 1787 nach Agendorf heiratete und dessen Enkel Matthias wiederum am 25. Januar 1857 die Wandorferin Elisabeth Müller ehelichte und so Wandorfer Einwohner wurde.
Beide Gemeinden waren zu jener Zeit ganz evangelisch. In den Jahren 1665 und 1666 wurden zwei katholische Personen durch den ev. Pfarrer beerdigt, was sicher nicht geschehen wäre, hätte sich im Orte ein katholischer Priester befunden. Den sittlichen Ernst der Gemeinde bezeugt die Tatsache, dass in den 9 Jahren, über welche das Kirchenbuch berichtet, nur 7 uneheliche Geburten vorkamen. 3 in Agendorf und 4 in Wandorf. Aber auch von diesen sind die Mütter in 3 Fällen ortsfremde gewesen, in einem Fall sogar "päpstisch". Außerdem wurden diese Kinder in einem besonderen Anhange des Buches als "Bankerten" matrikuliert.
Dass es damals in den um Agendorf herumliegenden Ortschaften trotz der in ihnen bereits gewaltsam durchgeführten Gegenreformation noch immer zahlreiche Evangelische gegeben hat, beweist der Umstand, dass wir bei den Taufen mit Taufpaten und bei den Trauungen mit Beiständen oft aus Schattendorf, Siggraben, Marz, Kroisbach, Kolnhof, Mettersdorff, usw. begegnen, was zu jener Zeit - wie es auch ganz in Ordnung war - ausgeschlossen gewesen wäre, wenn sie einer anderen Kirche angehört hätten. Auffallend ist, dass im Totenbuch auch viele Steiermärker, Kärntner und Österreicher eingetragen sind, die während der dort viel früher ausgebrochenen Glaubensverfolgung als Exulanten bei uns Zuflucht fanden und hier starben.
Die Bewohner waren zu jener Zeit als Leibeigene Ödenburgs nicht so wohlhabend wie heute und übten fast ausnahmslos irgendein Handwerk aus; so werden unter ihnen Schuster, Schneider, Leinweber, Färber, Nagelschmiede, Löffelmacher, Zimmerleute, usw. erwähnt. Sie waren aber zufrieden und dankten Gott für alles, womit er sie segnete und lebten miteinander in brüderlicher Eintracht und Liebe, wohl wissend, dass sie vom "altbösen Feind" jeden Tag der größten Gefahr ausgesetzt waren.
Sowohl die Agendorfer, als auch die Wandorfer standen mit den Bürgern von Ödenburg in einem regen, freundschaftlichen Verkehr. Bürgermeister Leopold Rathel, Rektor Daniel Tiefstrunk, Edelleute wie Anna Elisabetha freie und edle Herrin von Osterburg, Katharina Barbara freie von Herberstein, sowie viele vornehme Bürger erschienen oft als Taufpaten, und zwischen Pfarrer Rosner und der geistlichen, in Ödenburg und Loipersbach, sowie den Lehrern und Professoren bestand das schönste brüderliche Verhältnis.
Pfarrer Rosner wurden in Agendorf vier Kinder geboren, als deren Taufpaten jedes Mal Pfarrer Matthias Lang aus Ödenburg mit seiner Ehegattin sowie jener schon früher beim Pfarrer Trost erwähnte vornehme Bürger Johann Andreas Preinning erscheinen. Während aber bei den ersteren die Taufe der Loipersbacher Pfarrer H. Chr. Foman vollzog, erscheint er bei der Taufe des am 27. Oktober 1673 geborenen Töchterleins Susanna nicht mehr, sondern wurde die Taufe an demselben vom Taufpaten Pfarrer Lang selbst vollzogen. Weil vom 15. April 1673 angefangen, die Kinder von Loipersbach und Pöttelsdorf zur Taufe nach Agendorf gebracht wurden und die Trauungen mehrerer Brautleute aus jenen Gemeinden ebenfalls hier erfolgten, ersehen wir daraus, dass mit der Vertreibung der evangelischen Geistlichen vom Ödenburger Stadtgebiet in Loipersbach begonnen wurde.
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)