Nándor (Ferdinand) Becher über sich
Geboren wurde ich in der deutschsprachigen Bergwerksiedlung Brennberg (Ungarn) am 13. Mai 1933. Wir waren eine kinderreiche Familie, die Männer arbeiteten schon seit Generationen in Brennberg, wo sie beim Kohlenbergbau ihr Geld verdienten.
1947 beendete ich mein achtes Schuljahr und am 1. Dezember dieses Jahres begann ich ebenfalls im Bergbau zu arbeiten. Bei der Hl. Stefan-Grube wurde ich im Tagbau als Hilfseinschieber eingestellt.
Ferdinand Becher
Nach zwei Jahren beendete ich meine Arbeit im Bergbau und am 15. Juni 1949 begann ich eine Lehre als Kaufmann und machte 1951 die Facharbeiterprüfung sowie die Prüfung zum Geschäftsleiter.

1953 habe ich meine Erna geheiratet, unsere Tochter wurde dann 1957 geboren. Von 1953 bis 1955 wurde ich zum Militärdienst einberufen. Ab 1955 bis 1960 leitete ich in Sopron ein Lebensmittelgeschäft. Im Jahre 1960 habe ich in meinem Heimatort die Leitung der Gemischtwarenhandlung übernommen, später halfen meine Frau und meine Tochter mit. Im Jahre 1991 wurde ich pensioniert.

Ich lebe heute noch in Brennberg, wo ich die meiste Zeit meines Lebens hier unter den Bergmannsfamilien verbrachte, denen ich viele meiner Kenntnisse über das Leben in dieser einmaligen Siedlung verdanke.


Nándor Becher war Verfasser von lokalhistorischen Artikeln und Büchern. Sein Buch über die Brennberger Vergangenheit ist ein überaus wertvolles kulturhistorisches Werk. Es brachte und bringt auch heute noch die kleine – ehemals sehr bedeutende – Ortschaft Brennberg dem Leser näher. Besonders in der näheren Umgebung - hier sind die österreichischen Ortschaften angesprochen - weiß bzw. wußte man bis nach der Öffnung der Grenzen wenig bis nichts. Erst in den Jahren nach 1990 war es möglich, ohne Probleme Brennberg zu besuchen und kennen zu lernen.
Allgemein bekannt war, dass es in Brennberg die einzige in Westungarn befindliche Kohlenförderung gab. Doch dieses Bergwerk wurde in den 50ger Jahren (1952) geschlossen und zahlreiche seiner Bewohner wurden abgesiedelt und nach Städten wie Oroszlány, Várpolta oder Tatabánya versetzt.
Brennberg verlor einen Großteil seiner Bewohner und erholt sich nur langsam von diesem Aderlass.
Nándor Bechers Verdienst um diese Gemeinde kann nicht hoch genug bewertet werden. Als Vorsitzender des Kulturvereines hat er vieles geleistet und in Gang gebracht. Im Jahre 2009 wurde seine bis jetzt letzte große Initiative und Idee in die Tat umgesetzt. Es handelt sich um den Gedenkstein für die Menschen, die dem tödlichen Eisernen Vorhang zum Opfer fielen. Obwohl viele Gemeinden allen Grund hätten, Gedenksteine dieser Art zu errichten, ist es allein bei der auf burgenländischem Gebiet liegenden Siedlung Helenenschacht - heute Ortsteil von Ritzing - die einmal zu Brennberg gehörte, verwirklicht worden. Bei diesem Projekt war Nándor zusammen mit seinem Freund Bella Árpad federführend. Auch durch das Entgegenkommen des Ritzinger Bürgermeisters Walter Roisz, der von diesem Gedanken sehr angetan war, konnte der Gedenkstein in kurzer Zeit errichtet und in einem feierlichen Festakt geweiht werden. (Siehe auch den Bericht vom 25. November 2009: „Gedenkstein am Helenenschacht“.)

Gemeinsam mit seinem Freund Ferenc Reischl verfaßte er auch eine ausführliche „Geschichte des Eisernen Vorhanges“ (Soproni szemle, 2008, negyedik szám: „Vasfüggöny az Alpok lábánál“). Ferenc Reischl schrieb auch einiges über das Leben hinter dem Eisernen Vorhang für die 12. Ausgabe der Zeitschrift „Aus der Pforte“.

Es sind dies Dokumentationen, die den nachfolgenden Generationen diese unrühmliche Zeit nie vergessen lassen sollen. Denn auch wenn diese gravierenden Fehler geschahen, so sollen sie zumindest dazu dienen, dass die Menschen der Zukunft aus diesen Fehlern lernen und solche Geschehnisse nie mehr Wirklichkeit werden lassen.

Am 24. Juni 2011 verstarb Nándor Becher im Alter von 78 Jahren in Brennberg.